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Das Hochwasser hat weite Regionen Deutschlands überschwemmt - oft sind nicht nur die Keller überschwemmt.

© dpa

Hochwasser in Deutschland: Soforthilfe für Flutgeschädigte: 400 Euro auf die Hand

Politiker, die die Flutgebiete besuchen, sichern den Betroffenen „schnelle und unbürokratische Hilfe“ zu. Leere Versprechungen – oder wird die Hilfe tatsächlich zügig organisiert?

In den ostdeutschen Flutgebieten begann zumindest die Auszahlung von Soforthilfen an die betroffenen Menschen schon am gestrigen Donnerstag. Jeder Erwachsene erhielt 400 Euro, für jedes Kind gab es 250 Euro. Pro Haushalt wurde die Gesamtsumme auf 2000 Euro festgelegt. Ausdrücklich wiesen die zuständigen Sozialämter der Kreise und Städte darauf hin, dass diese Summen nicht auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden. Vielerorts erfolgte die Auszahlung in der Tat ganz unbürokratisch. Der Personalausweis genügte, um in den Genuss der Hilfen zu kommen. Die Verwaltungen hatten zuvor die von der Flut betroffenen Straßenzüge registriert, um die jeweiligen Bewohner als Geschädigte anerkennen zu können.

Auch jeder betroffene Gewerbebetrieb in Sachsen erhält seit Donnerstag 1500 Euro Soforthilfe. Für weitere materielle Unterstützungen müssen zunächst Gutachter beauftragt werden. Die Industrie- und Handelskammer in Chemnitz sicherte aber bereits finanzielle Zuschüsse für diese Arbeiten zu. Die Arbeitsagenturen zahlen Kurzarbeitergeld an jene Angestellten eines Betriebes aus, die wegen der Flut nicht oder nicht im vollem Umfang arbeiten können. Sachsens Finanzministerium stellte steuerliche Erleichterungen in Aussicht. Steuern könnten später als sonst gezahlt und die Kosten für Flutschäden schneller abgeschrieben werden. In Existenznot geratene Landwirte würden durch ein Hilfsprogramm „Krisen und Notstände“ abgesichert.

In jedem Fall rieten die zuständigen Behörden den betroffenen Privathaushalten und Gewerbetreibenden zu einer ausführlichen Dokumentation der Flutschäden. Wer schnell den beschädigten Hausrat herausreiße und wegwerfe, könne Probleme mit Versicherungen und selbst bei der Beantragung von öffentlichen Hilfen erhalten, hieß es. Sie schlugen das Führen eines regelrechten Fluttagebuchs vor, in dem die einzelnen Arbeiten dokumentiert und mit Fotos ergänzt werden sollten.

Nicht immer hatte bei den vergangenen Flutkatastrophen die Hilfe reibungslos geklappt. Vielen Behörden fehlte es an Fingerspitzengefühl, um sich in die Lage der Betroffenen hineinzuversetzen. Außerdem beklagten sich viele Opfer über vermeintliche Ungerechtigkeiten bei der Hilfe. Bis heute ist beispielsweise der Frieden in der 1997 von der Oderflut heimgesuchten Region um Brieskow-Finkenheerd südlich von Frankfurt erheblich gestört. Einzelne Familien beklagten sich über eine zu starke Förderung der Nachbarhäuser, weil deren Eigentümer angeblich viel zu wenig in den Hochwasserschutz investiert hatten. Damals herrschte ein regelrechter Wirrwarr in der Verteilung der Spenden. So mancher Gast reichte damals Blumensträuße mit mehreren 50- oder 100-Mark-Scheinen einfach über den Gartenzaun. Auch Fernsehsender und Baumärkte organisierten eigenständig Spenden, die aber meistens verschwiegen wurden. Seit dieser Zeit läuft die Hilfe in den meisten Fällen über spezielle Spendenkonten.

Die SPD hat unterdessen auf Bundesebene einen Hilfsfonds für die hochwassergeschädigten Gebiete mit einem Volumen von mehreren Milliarden Euro gefordert. „Ich halte einen Hilfsfonds wie 2002 für erforderlich. Dieser Hilfsfonds wird mit mehreren Milliarden Euro ausgestattet sein müssen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD in Bundestag, Thomas Oppermann, am Donnerstag im Bundestag. Nach der Flut von 2002 an der Elbe hatte die rot-grüne Bundesregierung einen von Bund und Ländern getragenen „Aufbaufonds“ mit einem Ausgabevolumen von 7,1 Milliarden Euro eingerichtet. Damit wurden Firmen und Privatleute unterstützt sowie zerstörte öffentliche Infrastrukturen etwa in den Kommunen wieder aufgebaut. Die Bundesregierung sagte bislang lediglich 100 Millionen Euro an Soforthilfe sowie Sonderhilfs-Kredite der staatlichen Förderbank KfW für Unternehmen im Umfang von weiteren 100 Millionen Euro zu. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte am Donnerstag im Bundestag aber weitere längerfristige Hilfe an.

Die Jahrhundertflut von 2002 hatte deutschlandweit Schäden von 9,2 Milliarden angerichtet, davon allein in Sachsen von mehr als 6 Milliarden. Zehn Jahre später waren im Freistaat davon noch immer fast 300 Millionen Euro übrig, weil der Fonds nicht ausgeschöpft worden war.

Zur Finanzierung des „Aufbaufonds“ hatte das damalige „Flutopfersolidaritätsgesetz“ geregelt, dass die für 2003 geplante Steuerreformstufe auf 2004 verschoben wurde. Zugleich wurde die Körperschaftsteuer nur für das Jahr 2003 von 25 auf 26,5 Prozent angehoben. (mit dpa)

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