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Politik: Homo-Ehe: Das Gleiche ist nicht gleich (Leitartikel)

Lange Jahre hat die gesellschaftliche Diskriminierung Homosexuelle in die Heimlichkeit gedrängt oder in großstädtische Subkulturen - in die Anonymität und in die Subversion. Das ist nun vorbei.

Lange Jahre hat die gesellschaftliche Diskriminierung Homosexuelle in die Heimlichkeit gedrängt oder in großstädtische Subkulturen - in die Anonymität und in die Subversion. Das ist nun vorbei. Die Homosexuellen gelangen in die Mitte der Gesellschaft, sie sind bürgerlich. Und nun wollen sie natürlich mehr als nur den Beifall heterosexueller Schaulustiger beim Christopher-Street-Day oder mehr als eine Toleranz, die sie nur erträgt, aber nicht wirklich schätzt.

Zum Symbol dieser Anerkennung wurde das so genannte Gesetz über die "eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften". Es soll das Ja-Wort dieser Gesellschaft zu Lesben und Schwulen werden - zu Recht. Dafür kann sich das Gesetz einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Gesellschaft gewiss sein. Aber ein Gesetz ist weder allein ein Denkmal noch eine Ehrenbürgernadel. Es zählt auch, was drin steht.

Die politischen Vertreter der Homosexuellen möchten rund 200 Gesetze und Verordnungen reformieren. Dabei geht es um Rechte, die homosexuelle Paare gegenüber Dritten - gegenüber Ärzten, Richtern und Vermietern - erhalten sollen. Außerdem soll der Staat diesen Paaren einen gesetzlichen Rahmen geben für Rechte und Pflichten, die sie gegeneinander geltend machen können. Das Unterhaltsrecht zum Beispiel schützt den schwächeren Partner. Bei all dem kann sich die Regierung zumindest auf eine einfache Mehrheit der Bürger stützen. Selbst die CDU könnte sich da im Bundesrat nicht lange widersetzen.

Die Homosexuellen fühlen sich im Moment nicht nur gestärkt, sondern stark. So ist es oft, wenn Gruppen aus ihrer Randposition ausbrechen und verbürgerlichen. Sie sind noch anders genug, um attraktiv zu wirken, und schon etabliert genug, um einflussreich zu sein - das ist eine fast unwiderstehliche Mischung. Dies und die Gleichgültigkeit der wichtigen Hetero-Männer in der Regierung haben die Grünen dazu verführt, über das, was momentan an gesellschaftlichem Konsens zu erreichen ist, weit hinaus zu gehen.

Volker Beck, dessen Projekt die Lebenspartnerschaften sind, treibt die Regierung in den Maximalismus. Gleiches Namensrecht, gleiches Erbschaftsrecht, fast gleiches Steuerrecht, kleines Sorgerecht für Kinder, Zeremonie vorm Standesbeamten. Nur das Adoptionsrecht fehlt. Noch, betont Beck. Für das alles zusammen, insbesondere das gleiche Erbschafts- und das fast gleiche Steuerrecht, wird aber schwerlich eine Mehrheit zu bekommen sein. Die Kirchen werden sich dagegen stellen, die Unionsparteien das Gesetz über den Bundesrat verhindern. Mit einem gutem Grund: Volker Beck will die Privilegierung der heterosexuellen Ehe aufheben. Der Artikel 6 des Grundgesetzes stellt allerdings "Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates". Die Verfassung will also bewusst die Privilegierung der heterosexuellen Ehe - nicht gegenüber Homosexuellen, sondern gegenüber jeder anderen Lebensform. Und sie will es ganz zu Recht.

Warum? An die Heiligkeit der Ehe glauben wohl nur noch Katholiken und Homosexuelle. Der Grund ist ein anderer: Weil die Ehe in der Regel auf Kinder ausgerichtet ist, und weil die Gesellschaft daran ein besonderes, ein eminentes Interesse hat. Das gilt heute sogar noch stärker, als es die Väter der Verfassung geahnt hätten.

Nun argumentieren Beck und andere, es gebe ja auch heterosexuelle kinderlose Ehepaare, die etwa vom Ehegatten-Splitting profitieren. Das stimmt. Aber soll der Gesetzgeber Ehepaare einer Gewissensprüfung unterziehen, um herauszufinden, ob sie Kinder wollen? Oder warum sie keine bekommen können? Der Gesetzgeber kann nur pauschal urteilen. Da sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache: Etwa vier Millionen Ehepaare sind kinderlos, 20 Millionen haben Kinder. Vier von fünf Ehen sind demnach unverändert "auf Kinder ausgerichtet". Homosexuelle Ehen sind das naturgemäß nicht. Selbst wenn sie eines Tages das Adoptionsrecht bekämen, bliebe der Anteil homosexueller Eltern minimal, nicht 4 von 5, allenfalls 1 von 5. Das ist keine Diskriminierung - das ist einfach ein Unterschied.

Die Koalitionsfraktionen legen ein Gesetz vor, auf dem Lebenspartnerschaft steht, mit dem aber Homo-Ehe gemeint ist. Das ist in dieser Form unredlich. Rot und Grün zeigen damit, dass sie Andersdenkende in der Gesellschaft nicht ernst nehmen: kein gutes Vorzeichen für die nun bevorstehende Debatte. Bleibt nur zu hoffen, dass am Ende für die Homosexuellen nicht nichts herauskommt, nur weil Volker Beck zu viel wollte.

Zwei Drittel dieses Gesetzes verdienen eine Mehrheit, ein Drittel nicht.

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