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Warum können Ehe und Elp (Eingetragene Lebenspartnerschaft) nicht nebeneinander existieren?

© tf / Istockphoto

Homo-Ehe: Keine Scheu vor Unterschieden

Gleichgeschlechtliche Paare verdienen die gesetzliche Gleichstellung. Die Öffnung der Ehe für alle ist aber die falsche Lösung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Manche Themen der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung sind derart emotional und ideologisch vorbelastet, dass man kaum noch Lust verspürt, sie öffentlich anzusprechen – selbst wenn man keinem der beiden Lager angehört. Man ahnt, was auf einen zukommt: Missverständnisse, Vorwürfe, Einordnung in Schubladen. Im Zweifel von beiden Seiten.

Wer das neue Gesetz bedauert, ist nicht automatisch homofeindlich

Formulieren wir es also mal vorsichtig als Frage: Darf man die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare bedauern, obwohl man für deren volle rechtliche Gleichberechtigung ist, ohne zu riskieren, entweder als altmodisch und homophob betrachtet zu werden oder als prinzipienloser Mitläufer einer neuen Mode?

Zu meinem Freundeskreis gehören lesbische und schwule Menschen. Wir haben uns zusammen gefreut, als sie sich das offizielle Jawort gegeben haben, und den Tag gemeinsam gefeiert wie im Falle einer Hetero-Hochzeit. Ich bin dafür, sie rechtlich gleichzustellen.

Warum sucht der Bundestag nicht Lösungen für reale Probleme?

Vom Bundestag, dem Gesetzgeber, erwarte ich jedoch praktische Lösungen für reale Probleme, nicht ideologische Bevormundung. Warum also dieser emotional aufgeladene Feldzug in den vergangenen Wochen gegen eine angebliche Diskriminierung in der Rechtsstellung? Die gab es seit der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft (Elp) im Jahr 2001 nur noch begrenzt.

Wenn es in erster Linie darum gegangen wäre, die Benachteiligungen aufzuheben, die noch übrig blieben, zum Beispiel im Adoptionsrecht oder bei den Informationsrechten nächster Angehöriger von Patienten, dann hätte der Bundestag dies durch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen zur Lebenspartnerschaft lösen können. Warum kam das nicht infrage?

Ehe hat eine feste Bedeutung: eine Frau und ein Mann

Die Ehe ist eine seit Jahrhunderten eingeführte Institution mit einer festgelegten Bedeutung: die Verbindung zwischen einer Frau und einem Mann, in der Regel mit dem Ziel, gemeinsam Kinder in die Welt zu setzen und aufzuziehen. Nicht immer kommt es dazu. Aber in der überwältigenden Mehrheit der Ehen beschreibt das Wort diese Wirklichkeit. Wem ist damit gedient, wenn das Wort seine klare Bedeutung verliert?

Zu den prägenden Erfahrungen meiner Jugend gehört die Kurzgeschichte „Ein Tisch ist ein Tisch“. Peter Bichsel beschreibt darin humorvoll und traurig zugleich, welche zentrale Rolle sprachliche Klarheit für das gesellschaftliche Zusammenleben hat.

Ungleiches ungleich zu behandeln, ist keine Diskriminierung

Eine andere prägende Erfahrung war ein Jura-Professor als Vater, der die Emanzipations- und Bürgerrechtsbewegungen in den USA und im Ostblock mit großer Sympathie begleitete, uns Kindern aber auch immer wieder erklärte: Der Gleichheitsgrundsatz bedeutet, dass man Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln solle. Wenn man Sachverhalte, die ähnlich, aber nicht gleich sind, unterschiedlich behandele, dann sei das nicht automatisch ungerecht. Vor allem sei damit nicht ein Urteil über ihre Wertigkeit verbunden.

Warum ist es nicht gelungen, die Ehe und die Elp (eingetragene Lebenspartnerschaft) als verschiedene, aber gleichwohl gleichberechtigte und gleichwertige Formen des Bundes fürs Leben in Deutschland zu etablieren – ja, warum ist es nicht einmal ernsthaft versucht worden?

Linke kämpfen gegen die Institution Ehe

So bleibt der Eindruck zurück, dass die Klagen über noch verbliebene Diskriminierungen nicht zum Hauptziel hatten, diese zu überwinden. Sondern sie dienten als Munition, um die Institution Ehe auszuhöhlen, die ein Gutteil der Linken schon lange als überholtes Relikt der bürgerlichen Gesellschaft betrachtet.

Das zeigte sich in einem offenkundigen argumentativen Widerspruch: Einerseits wurde behauptete, die gesetzliche Gleichstellung der Elp mit der Ehe reiche nicht aus und es dürfe nur eine Ehe für alle geben, weil sich nur so die angeblich noch sehr großen Vorbehalte in der Gesellschaft überwinden lassen; andererseits wurde darauf verwiesen, dass sich in Umfragen 75 Prozent für die Homo-Ehe aussprechen.

Rechte lassen Toleranz für gleichgeschlechtliche Paare vermissen

Umgekehrt brachten die Gegner der Homo-Ehe auf der Rechten nicht die Toleranz auf, gleichgeschlechtlichen Partnern, die sich fürs Leben binden wollen, die volle Anerkennung zu zollen und sie rechtlich fair zu behandeln. Dabei stärkt es doch die Gesellschaft, wenn Menschen sich aus tiefer Zuneigung aneinander binden und Verantwortung füreinander übernehmen.

Nun wird wohl das Bundesverfassungsgericht die Sache klären müssen. Denn in der Politik hat die Ideologie wieder einmal die redliche Auseinandersetzung im Bemühen um praktische Lösungen für reale Probleme verdrängt.

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