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Dürfen nun keine Waffen mehr tragen, die "Bandidos".

© dpa

Hooligans, Rocker, Terroristen: Auf in den Kampf...

Wehrhafte Demokratie? Sippenhaft ist abgeschafft, in Gestalt der Gefahrenabwehr lebt sie jetzt wieder auf. Immer mehr Organisationen werden als "kriminelle Vereinigung" eingestuft. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Urteile werden dann als richtig empfunden, wenn es gegen die Richtigen geht. In der vergangenen Woche ging es gegen Hooligans und Rocker. Der Bundesgerichtshof stufte die mittlerweile aufgelöste Fantruppe „Hooligans Elbflorenz“ als kriminelle Vereinigung ein. Und das Bundesverwaltungsgericht entzog Mitgliedern der Motorradgang „Bandidos“ ihre legal erworbenen Waffenscheine. Der Weichei-Rechtsstaat: Hier zeigt er, wie er sich wehren kann.

Kein Wunder, dass sich die Polizeigewerkschaft mit der Forderung meldet, all jenen die Waffen abzunehmen, die bei einer „fundamentalistisch, religiös motivierten Gruppe oder in einer politisch extremistischen Vereinigung“ mitwirken. Gewiss, die Republik wäre sicherer. Noch sicherer wäre sie, wenn auch die „Bandidos“ als kriminelle Vereinigung eingestuft würden. Und mit ihnen gleich alle Motorradgangs, deren Mitglieder durch Gewalt und Verbrechen Schlagzeilen machen. Rocker, Radikale, Hools und Religiöse – unser Recht schlägt sie alle.

Die Urteile mögen vertretbar sein, aber sind sie auch klug? Sippenhaft ist abgeschafft, in Gestalt der Gefahrenabwehr lebt sie wieder auf. Obwohl im Strafrecht verankert, ist auch der Tatbestand der Bildung einer kriminellen Vereinigung eine Maßnahme der Gefahrenabwehr: Immerhin muss niemand etwas Schlimmes getan haben. Es reicht, zu einer Gruppe zu gehören, deren Zweck oder Tätigkeit „darauf ausgerichtet“ ist, Straftaten zu begehen. Für Hooligans, die sich zu Schlägereien treffen wollen, kann das Haft bis zu fünf Jahren bedeuten, ehe überhaupt eine Faust geflogen ist. Fragen nach Schuld und Schaden werden da zweitrangig.

Ähnlich ist es bei den Rockern. Um ihnen die legalen Pistolen abzunehmen, müssen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie missbräuchlich verwendet werden. Statt die Fälle einzeln aufzuklären, verließ sich die Justiz auf „Wikipedia“ und Verfassungsschutzberichte. Da kann die Grenze zwischen valider Prognose und Vorurteil schnell verfließen.

Justizminister Heiko Maas will in dieser Woche ein Gesetz vorlegen, das die Reisen von gewaltbereiten Terroristen in Kriegsgebiete oder Ausbildungslager unter Strafe stellt. Auch dies ein Akt der Prävention. Zudem soll jegliche Form der Terrorismusfinanzierung ein eigener Straftatbestand werden. Prävention in Reinkultur. Demnächst wird strafbar, wer sich vorbereitet, Geld zu sammeln, um anderen dabei zu helfen, sich vorzubereiten, eine Straftat vorzubereiten.

Der islamistische Terror hat keinen Umbau des Rechtsstaats veranlasst, aber er hat es geschafft, rechtsstaatliche Kategorien aufzuweichen. Es geht heute um Abwehr, um die Identifikation und Ausschaltung von potenziell Gefährlichem. Ein Kampf gegen Feinde. Dennoch kann es falsch sein, wenn alles richtig ist, nur weil es gegen die Richtigen geht.

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