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Horst Seehofer: Austausch ausgeschlossen

CSU will nach ihrem Debakel in Bayern eine Debatte um Parteichef Seehofer um jeden Preis verhindern.

Berlin - „Ich stehe fest“, versicherte CSU-Chef Horst Seehofer am Wahlabend mit grimmiger Miene. Das erweist sich auch am Tag nach der verheerenden Niederlage der Christsozialen als zutreffend. Aus Sicht der Parteispitze gibt es für die ausbleibende Personaldiskussion aber einen für Seehofer wenig schmeichelhaften Grund. „Wir können ja“, sagt Präsidiumsmitglied Stefan Müller, „nicht jedes Jahr unseren Vorsitzenden austauschen.“

Bloß keine neue Führungskrise – darin waren sich am Montag im Parteivorstand alle einig. Dabei gäbe es für Personaldebatten allen Grund: An die alten Erfolge unter Edmund Stoiber hatte Seehofer bei dieser Bundestagswahl anknüpfen wollte, seinen Vorgänger Erwin Huber hatten sie vor einem Jahr wegen eines Landtagswahlergebnisses von 43,4 Prozent davongejagt. Stattdessen wurden es mit dem Hoffnungsträger nun nur noch 42,6 Prozent – minus 6,6 Prozent gegenüber 2005 und das schlechteste CSU-Ergebnis seit 1949. Die CSU verlor jeden fünften ihrer Wähler. Und es war kein anderer als Huber, der die Dimension dieser Wahlschlappe besonders drastisch beschrieb. Ein „Nimbus“ sei gebrochen, klagte er – zusammengestürzt sei nun all das, was man „in Jahrzehnten aufgebaut“ habe. Und Huber glaubt auch zu wissen, wo die Ursache zu suchen ist: Seehofers „kurzfristige Schnäppchenpolitik populistischer Art“, mit der man die Menschen nicht erreicht, sondern „vor den Kopf gestoßen“ habe.

Andere sehen sich bestätigt in ihrer Kritik an Seehofers Kleinkrieg gegen die FDP. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hatte den Vorsitzenden intern schon Wochen vor der Wahl davor gewarnt, sich auf den Wunschpartner einzuschießen – vergeblich. Seehofers „CrashKurs“ habe sich nicht ausgezahlt, bilanziert nun Hartmut Koschyk, parlamentarischer Geschäftsführer der Landesgruppe. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagt es dezenter. Er habe „feststellen dürfen, dass wir den Umgang mit der FDP gelegentlich erklären mussten.“

Im Nachhinein hat nur der Sieger recht, nicht der Verlierer. Nun brodelt es wieder in der CSU. Zu oft hat Seehofer die Parteifreunde mit Bauchpolitik und autoritärem Führungsstil verprellt. Die inhaltliche und strategisch-taktische Ausrichtung müsse „immer das Ergebnis gemeinsamer Diskussionen sein“, mahnt Koschyk in aller Deutlichkeit – und drängt auf stärkere „Verzahnung“ der Führungsebenen. Und der niederbayerische CSU-Bezirkschef Manfred Weber fordert gar, dass bei den Koalitionsgesprächen in Berlin jetzt nicht Seehofer, sondern Guttenberg die zentrale Rolle spielen müsse. Schließlich habe der in seinem Stimmkreis mit 68,1 Prozent das bundesweit beste Erststimmenergebnis eingefahren.

Seehofer geht auf solche Provokationen nicht ein. Die Verhandlungsführung reklamiert er selbstredend für sich – und Kritik an seinem Wahlkampfstil weist er zurück. Für die Schlappe seien „erhebliche gesellschaftliche Veränderungen, auch in Bayern“ verantwortlich. Hinzu komme Wählerstrategie. Schließlich, so argumentiert auch Ramsauer, seien viele Stimmen der FDP nur „geliehen“ worden, um Schwarz-Gelb zu ermöglichen – was ja Hauptwahlziel der CSU gewesen sei. Tatsache ist, dass die Christsozialen bei der Bundestagswahl in Bayern trotz ihres Einbruchs sämtliche 45 Direktmandate errungen haben. Doch Tatsache ist auch, dass sie bei den Koalitionsverhandlungen einen schweren Stand haben werden. FDP-Politiker stellten am Montag schon einmal klar, dass ihre Partei im Bund inzwischen mehr als doppelt so stark ist wie die CSU.Und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verwies auf das an sich vorteilhafte „Spannungsfeld“ der Schwesterparteien, das aber, wenn es zum Streit führe, von Nachteil sei.

Man werde selbstbewusst auftreten, kündigt Ramsauer trotz dieser Warnung an. Schließlich muss das Stillhalten und der Verzicht auf personelle Konsequenzen – Ramsauer darf ebenso im Amt bleiben wie Generalsekretär Alexander Dobrindt – mit politischem Ertrag bezahlt werden. Wegen der Wahlschlappe müsse man sogar besonders hart verhandeln, drängt der frühere Vormann Stoiber. Nur so könne die CSU ihr Profil schärfen – und dem Wähler wieder imponieren.

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