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Huda Ben Amir: "Der Teufel in Gestalt einer Frau"

An Hinrichtungen und Folterungen nahm sie bisweilen persönlich teil – besonders wenn es sich um Frauen handelte. Ihren Aufstieg unter Gaddafi verdankte Huda Ben Amir ihrer Brutalität. Dafür muss sie sich nun verantworten.

Nun wird sie wohl selbst am Galgen enden - „Huda die Henkerin“, wie sie in der libyschen Bevölkerung genannt wird. In Tripolis ging die 57-Jährige kürzlich den Rebellen ins Netz, die ihre rasante Karriere im Gaddafi-Reich einer beispiellos brutalen Tat in jungen Jahren verdankte.

1984 wurden in der Basketballarena von Bengasi ein Regimegegner öffentlich gehängt, der Luftfahrtingenieur Sadek Hamed Al Shuwehdy. Der 30-jährige hatte in den USA studiert, fand danach in seiner Heimat Arbeit am Flughafen und machte aus seiner Kritik am Regime keinen Hehl. Zuvor hatte Gaddafi Oppositionelle stets heimlich in Gefängnissen exekutieren lassen. Diesmal jedoch wollte der Despot ein Exempel statuieren. Tausende Schüler und Studenten ließ er herbeikarren und das sadistische Spektakel live im Fernsehen übertragen. In einem von Rebellen sichergestellten Videomitschnitt ist die schlanke, schwarzhaarige Frau vorne auf der Tribüne zu sehen, wie sie das Regime bejubelt.

Der nach dem Schauprozess Gehängte allerdings war nicht auf der Stelle tot, zappelte und röchelte am Galgen. Plötzlich löste sich Huda Ben Amir vor aller Augen aus den Reihen, klammerte sich mit ihrem ganzen Gewicht an die Beine des Opfers und zerrte solange, bis dessen Todeskampf zu Ende war. Brutalität ganz nach dem Geschmack des Beduinenobersts. Er lud die junge Frau danach in seine Residenz ein und beförderte sie in ein luxuriöses Leben.

Huda Ben Amir machte fortan steile Karriere, die sie zu einer der reichsten und mächtigsten Frauen Libyens werden ließ. Sie wurde Sportministerin, Vorsitzende verschiedener Revolutionskomitees sowie Bürgermeisterin von Bengasi. Geboren 1954 im Örtchen Al-Marg wuchs sie in kleinen Verhältnissen auf. Ihr Vater galt als fanatischer Anhänger Gaddafis. Seine Tochter fungierte bis zum Tag des Volksaufstandes am 17. Februar als eiserne Statthalterin des Tyrannen in der widerspenstigen Hafenstadt. „Wir brauchen keine Gespräche, wir brauchen mehr Galgen“, schnauzte die Mutter zweier Kinder, selbst als das Regime bereits zu wanken begann.

An Hinrichtungen und Folterungen nahm sie bisweilen persönlich teil – besonders wenn es sich um Frauen handelte, berichteten Rebellen nach der Befreiung Bengasis dem britischen „Telegraph“. Da aber war Huda Ben Amir, die stets eine Pistole bei sich hatte, bereits nach Tripolis geflohen, wo man sie zuletzt im März in Tarnuniform bei einem Fernsehauftritt des Diktators vorne in der ersten Reihe sitzen sah, die Faust gereckt und Regimeparolen skandierend.

Ihr weiß getünchtes Anwesen daheim, von dessen Dachterrasse man einen Blick auf das Mittelmeer hat, legten die Rebellen in Schutt und Asche. „Sie hat nie mit einem von uns geredet“, sagte damals einer ihrer Nachbarn. „Sie ist der Teufel in Gestalt einer Frau.“

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