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Langzeitdokumentation der Baustelle vom Stadtschloss und dem Humboldtforum auf dem Schloßplatz in Berlin-Mitte, aufgenommen am 8. Januar 2016.

© Kitty Kleist-Heinrich

Humboldt-Forum im Schloss: Wir müssen reden

Der Bau des Berliner Schlosses befindet sich zwar in einem fortgeschrittenen Stadium. Trotzdem sollte das Nachdenken über die Präsentation der Kulturen der Welt nochmals erlaubt sein - und die Visionäre müssen mit den Planern eng kooperieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christiane Peitz

Jetzt gilt’s der Kultur – und schon schimpft die Politik. Das schöne Schloss, es steht fast fertig im Herzen Berlins, alles läuft anscheinend glatt, eine Bundesbaustelle im Zeit- und Kostenplan, da freut sich der Haushälter. Aber nun machen die Schloss-Bewohner Probleme und bringen das wohlbestellte Haus durcheinander. Große Aufregung!

Unter den Nutzern sind Museumsmacher, Kunsthistoriker, Visionäre. Leute, die sich wie Neil MacGregor das unverschämte Recht herausnehmen, noch mal ein paar Takte nachzudenken über die Bedeutung des Humboldt-Forums als Schloss der Kulturen der Welt, in einer Zeit, in der aus allen Kulturen der Welt Menschen in Berlin und Deutschland stranden, so viele wie nie zuvor. Aber Nachdenken passt den Bauplanern nicht in den Kram. Der Ingeniör hat’s schwör, aber bitte nicht zu sehr.

Erst wurde der von Kulturstaatsministerin Monika Grütters aus London geholte MacGregor als Retter gefeiert. Kaum ist er da, seit Anfang des Jahres, wird er beargwöhnt. Als der Mann, der das Schloss in Gefahr bringt. Da kann ein Macher wie Schlossbauherr Manfred Rettig nur das Handtuch werfen. Aber Pünktlichkeit und Sparsamkeit sind nicht die höchsten Tugenden, und gute Ideen entstehen nicht am Reißbrett. So viel Freiheit muss sein bei so einem Projekt.

Die Visionäre sind in der Pflicht

Ärgerlich, dass Rettig jetzt geht, statt seine zu Recht gerühmten Managerqualitäten in den Dienst der größtmöglichen Attraktivität des Humboldt-Forums zu stellen. Die Sache findet er gut, aber sein Image scheint ihm wichtiger zu sein. Er geht zu einem Zeitpunkt, an dem es erste Hinweise gibt, dass ohnehin nicht mehr alles nach Plan läuft. Er hätte ja auch sagen können: Ich bin so ehrgeizig, diesen tollen Tanker auch durch unruhigere Fahrwasser zu navigieren. Neben der Museumsinsel als Weltkulturerbestätte die Weltkulturen anzusiedeln, im Geiste jenes weltoffenen Berlin, das schon die Humboldt-Brüder im Sinn hatten – dieser großartige Plan ist etwas zusätzliche Anstrengung wert.

In einer idealen Welt hätte McGregor an der Bauplanung mitwirken müssen - in der realen Welt war das jedoch ausgeschlossen, weil erst seine Deutschland-Ausstellung im British Museum vor einem Jahr zeigte, dass er der bestmögliche Intendant für das Humboldt-Forum ist.

schreibt NutzerIn wirtschaftsweiser

Ganz schön unbequem, wenn MacGregor fragt, wie denn der Islam im Humboldt-Forum vorkommen soll – in einem derart fortgeschrittenen Stadium. Aber besser spät als nie. Bei ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren fand Grütters eine bauliche Hülle vor, die bislang nur für den engagiert geplanten Umzug der Dahlemer Museen nach Mitte zugerüstet wird. Gesamtkonzepte für eine Neupräsentation der globalen Kulturen in der globalisierten Welt? Fehlanzeige. Das Versäumnis ist Grütters’ Vorgängern zuzuschreiben. Sie legte los, in letzter Sekunde.

Nun gilt’s der Kultur – womit die Visionäre in die Pflicht genommen sind. Zum einen müssen die Gründungsintendanten MacGregor, Parzinger und Bredekamp fürs Humboldt-Forum trommeln. Jahrelanges Nachdenken hinter verschlossenen Türen hilft wenig. Dieser zentrale Ort des Dialogs bedarf dringend des Dialogs in eigener Sache, bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, mit der Berliner Stadtgesellschaft, der deutschen Öffentlichkeit, der internationalen Kulturszene. Zweitens ist Kultur bekanntlich schön, macht aber Arbeit. Den Ideen muss schnell die praktische Umsetzung folgen, in der neuen GmbH der SchlossStiftung: Hier können und sollen Visionäre und Macher so eng wie möglich zusammenarbeiten. Dann lassen sich im Schloss sogar Wände versetzen, ohne dass es ins Wanken gerät.

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