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Politik: „Ich gebe zu“

Die im Iran festgenommenen deutschen Journalisten müssen im Fernsehen Geständnisse ablegen

Erzwungene Geständnisse im Staatsfernsehen gehören zum widerlichen Repertoire der iranischen Justiz. Nach zahlreichen Oppositionellen traf es mit zwei deutschen Journalisten jetzt zum ersten Mal auch Ausländer. Am Montagabend wurden der Reporter und der Fotograf zur besten Sendezeit in Großaufnahme vorgeführt. Sie waren vor fünf Wochen im nordwestiranischen Tabris verhaftet worden, als sie Sohn und Anwalt der zum Tode durch Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi Ashtiani interviewen wollten. In der Sendung waren ihre deutschen Aussagen nicht im Original zu hören, weil von der iranischen Übersetzung überblendet. Angeblich machten sie die in Deutschland lebende Sprecherin des Internationalen Komitees gegen Steinigung, Mina Ahadi, für ihre Verhaftung verantwortlich. „Ich hatte keine Informationen über den Fall, aber Frau Ahadi wusste Bescheid und hat mich in den Iran geschickt, da meine Festnahme ihr zu Bekanntheit verhelfen sollte“, wurde einem der beiden Deutschen als Aussage zugeschrieben. Bei dem zweiten Deutschen erklärte die Sprecherstimme: „Ich gebe zu, dass ich einen Fehler gemacht habe, da ich keine Informationen über den Fall hatte und von Frau Ahadi ausgenutzt wurde.“ Ahadi wies die Vorwürfe zurück. „Ich habe die Journalisten nicht in den Iran geschickt. Ich habe mit ihnen nur über die Risiken gesprochen und ihnen geholfen, die Kontakte herzustellen“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Sie hatte am 10. Oktober gerade begonnen, das Interview von Deutschland aus per Telefon zu dolmetschen, als Sicherheitskräfte Ashtiani festnahmen.

Die Justiz der Islamischen Republik wirft den Deutschen vor, mit Touristenvisa eingereist zu sein und dennoch als Journalisten gearbeitet zu haben. „Die sichergestellten Beweismittel haben gezeigt, dass ihr Ziel Spionage und die Übermittlung von Informationen war“, erklärte am Dienstag der Justizsprecher der Provinz Aserbaidschan, Malek Ajdar Sharifi, nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars. Unklar ist jedoch, ob tatsächlich Anklage wegen Spionage erhoben werden soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle hatten bereits kurz nach der Verhaftung an Teheran appelliert, ihre beiden Landsleute freizulassen.

In der gleichen TV-Sendung am Montagabend wurde erneut auch Sakineh Mohammadi Ashtiani vorgeführt, sowie ihr Sohn Sajjad Qaderzadeh und ihr Anwalt Houtan Javid Kian, die mit den beiden Deutschen verhaftet worden waren. Diesmal musste sich die Verurteilte, die bereits im August zu einem ähnlichen TV-Geständnis gezwungen worden war, als „Sünderin“ bezeichnen. Ihr Sohn widerrief seine früheren Beschuldigungen, seine Mutter sei gefoltert worden. Er kritisierte Anwalt Houtan Javid Kian sowie den nach Norwegen geflohenen Koverteidiger Mohammed Mostafaei, den Fall seiner Mutter publik gemacht zu haben. „Kian berichtete mir, meine Mutter sei gefoltert worden. Leider habe ich ihm geglaubt und diese Lügen an ausländische Medien weitergegeben“, sagte er. „Das bedaure ich sehr. Wenn ich diese beiden Anwälte nicht kennengelernt hätte, wäre der Fall meiner Mutter seinen regulären Weg gegangen.“ Anwalt Kian wiederum räumte ein, er habe Sohn Sajjad Qaderzadeh angewiesen, ausländischen Medien gegenüber zu lügen.

Die drohende Steinigung von Sakineh Mohammadi Ashtiani löst seit Monaten heftige internationale Proteste aus. Die Iranerin war zunächst wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ zum Tode durch den Strang verurteilt worden – eine Strafe, die später im Revisionsprozess auf zehn Jahre Haft reduziert wurde. In einem zweiten Verfahren wurde sie wegen angeblicher intimer Beziehungen zu zwei Männern mit 99 Peitschenhieben bestraft und für den angeblichen Ehebruch mit dem Mörder ihres Mannes zum Tode durch Steinigung verurteilt.

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