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Politik: „Ich wollte nie nach Möllemanns Pfeife tanzen“

Westerwelle rechnet mit seinem einstigen FDP-Parteifreund hart ab – und erklärt ihn politisch für erledigt

Jürgen Möllemann insinuiert im „Stern“, Sie könnten doch früher als bisher bekannt von seinem WahlkampfFlyer gewusst haben.

Ich habe von dem Flyer am Montag vor der Bundestagswahl erfahren. Herr Möllemann weiß das. Er hat es auch stets so gesagt. Seine sich widersprechenden Andeutungen folgen der Methode „Etwas bleibt immer hängen.“ Sie bleiben trotzdem falsch.

Es hat vorher keine Gespräche etwa über einen „Sonderwahlkampf Möllemann“ gegeben, bei denen Sie hätten aufhorchen müssen?

In allen Bundesländern fand ein Sonderwahlkampf statt. In Hessen mit Wolfgang Gerhardt und Hermann Otto Solms, in Ostdeutschland mit Cornelia Pieper und so weiter. Auch hier wird wieder nach der Methode verfahren: Die Tatsachen werden so elegant verdreht, dass am Ende nur noch Eindrücke stehen bleiben. Herr Möllemann hat im Alleingang versucht, die Achse der FDP zu verschieben. Er wusste, dass er dafür in keinem FDP-Gremium den Hauch einer Chance auf eine Mehrheit hatte. Darum hat er diese Aktion hinter dem Rücken der Partei gestartet und finanziert.

Möllemann beklagt, dass ihm ohne vorheriges Gehör der Ausschluss angedroht wird.

Herr Möllemann will aus seiner Täterschaft eine Opferrolle machen. Er verschweigt, dass er mehrfach von uns aufgefordert wurde, Stellung zu beziehen. Rechtliches Gehör heißt in einem Rechtsstaat, dass man Gelegenheit zur Äußerung erhält. Wenn man davon keinen Gebrauch macht, darf man nicht erwarten, dass andere deshalb notwendige Entscheidungen unterlassen. Wir haben entschieden. Die Tür für Jürgen Möllemann ist zu.

Sie schlagen sein Gesprächsangebot aus?

Wenn Herr Möllemann nicht austritt, gibt es ein Schiedsgerichtsverfahren. In diesem Verfahren wird Herr Möllemann selbstverständlich erneut Gelegenheit zur Äußerung bekommen…

…also nur noch eine juristische, keine politische Auseinandersetzung mehr?

Ich sehe keine Veranlassung, das Gespräch mit Jürgen Möllemann zu suchen, nur um eine weitere Spendenversion zu hören. Herr Möllemann hat der FDP nicht nur politisch und moralisch erheblichen Schaden zugefügt. Er hat zugegeben, dass er die Finanzierung seines Flyers regelwidrig verschleiern wollte. Wir wissen nach den Berichten unserer Wirtschaftsprüfer, dass in der NRW-FDP in den Jahren 1999 und 2000 nach identischem Strickmuster rund 600 000 Euro gestückelt und verschleiert worden sind. Ich erwarte von Herrn Möllemann, dass er diesen Sachverhalt aufklärt. Dass er darüber nichts wissen mag, nimmt ihm in der Öffentlichkeit und in der Partei keiner ab.

Aber wäre es für die FDP-Spitze nicht klüger, Möllemann einzuladen und zu sagen: So, jetzt verteidige dich vor uns?

Das sind doch nur Show-Angebote, um in Öffentlichkeit und Partei Eindruck zu schinden. Allerdings wüssten wir gerne von ihm die Wahrheit über die Finanzvorgänge von 1999 und 2000 in NRW.

Möllemann erinnert in dem Interview mehrfach an die gute Zusammenarbeit, die es zwischen Ihnen beiden immer gegeben habe, und verdächtigt andere Parteifreunde, Sie als Parteichef „weghaben“ zu wollen.

So großartig kann die Zusammenarbeit aus meiner Sicht im Nachhinein nicht gewesen sein, wenn er mich, mit dem er angeblich so eng zusammengearbeitet hat, so hintergeht.

Aber auch wir mussten doch den Eindruck haben, dass Sie Möllemann über lange Zeit sehr nachsichtig behandelt haben.

Ich habe oft die Frage gestellt bekommen, warum ich nicht schon im Umfeld der Karsli-Debatte im Frühsommer einen Schnitt gemacht habe. Das ist im Nachhinein leicht zu sagen. Aber insbesondere vor einer Bundestagswahl muss ein Parteivorsitzender für Zusammenhalt in seiner Partei sorgen. Wir haben damals im Parteivorstand Möllemanns Verhalten ausdrücklich gerügt. Ein einmaliger Vorgang.

Und dann hat er den ganzen Wahlkampf hindurch weitergemacht, nur etwas leiser.

Heute wissen wir, dass er nie die Absicht hatte, sich den Gremien zu fügen. In Wahrheit plante er eine systematische, kalte Hintergehung der Freien Demokratischen Partei. In all den Monaten ist doch offensichtlich geworden: Herr Möllemann versteht unter Teamarbeit, dass alle nach seiner Pfeife tanzen. Er hat nie akzeptiert, dass ich das nicht mitmache. Das erklärt einige seiner kruden Andeutungen.

Jetzt droht er mit einer Partei-Neugründung, wenn ihn die FDP ausschließt. Wäre eine solche Abspaltung das Ende der FDP?

In den Jahrzehnten seit der Gründung der FDP hat es immer wieder verirrte und selbstverliebte Abspaltungsversuche gegeben. Das sind alles Eintagsfliegen gewesen. Wenn Jürgen Möllemann diesen Schritt geht, wird er sich wundern, wie wenige mit ihm gehen. Der nordrhein-westfälische Landesvorstand hat über schwerste Wochen hinweg Geduld geübt. Am Montagabend hat der Vorstand fast einstimmig seinen Austritt aus der FDP gefordert und erklärt, sonst beabsichtige er ein Ausschlussverfahren. Das zeigt, wie einsam es nach diesen eklatanten Regelverletzungen um Herrn Möllemann geworden ist.

Gar keine Angst vor einer Gegen-FDP unter dem Volkstribun Möllemann?

Herrn Möllemann würde es ergehen wie Herrn Schill, mit dem Unterschied, dass er nicht einmal bei einer Landtagswahl erfolgreich sein würde. Die Zeit für Jürgen Möllemann in der Politik ist vorbei.

Das Gespräch führte Robert Birnbaum.

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