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"Idomeneo": Merkel nennt Absetzung der Oper unerträglich

Die Absetzung der Mozart-Oper "Idomeneo" in Berlin schlägt weiter hohe Wellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte den Vorgang als unerträglich.

Berlin - "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht aus Angst vor gewaltbereiten Radikalen immer mehr zurückweichen. Selbstzensur aus Angst ist nicht erträglich", sagte Merkel. Zulässig sei Selbstbeschränkung nur, "wenn sie aus Verantwortung im Rahmen eines echten, vollkommen gewaltlosen Dialogs der Kulturen folgt".

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, bezeichnete die Absetzung der Mozart-Oper als ein "erschütterndes Ereignis". Er gehe davon aus, dass die Intendantin Kirsten Harms "nicht ohne Gründe eine Oper absagt", sagte Lehmann in Fulda am Rande der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe. Dies sei nicht als Einknicken zu verstehen. "Wenn es tatsächlich so ist, dass Bedrohungen da sind, dann muss man wachsam sein, aber nicht hysterisch werden", betonte der Mainzer Bischof.

Regisseur Hans Neuenfels sagte, die Intendantin habe "die Dimension ihrer Entscheidung verkannt". Die Deutsche Oper sei eines der größten Häuser in Deutschland. "Wir sind hier nicht in Pimmelsdorf", betonte er. Wenn Harms den Eindruck gehabt habe, dass tatsächlich eine begründete Gefahr bestehe, "dann muss sie an die Öffentlichkeit gehen und das zum Thema machen, indem man das Stück nun erst recht zeigt und zur Diskussion stellt und nicht einfach klein beigibt".

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kritisierte, das Einknicken bei heftigem Anmelden von Protesten sei mittlerweile zu einem "typischen Verhaltensmuster" und "Reflex" geworden.

Warnung vor "Schere im Kopf"

Unverständnis äußerte auch der Präsident der Bayerischen Theaterakademie, Klaus Zehelein. Er sagte: "Jetzt besteht die Gefahr, dass künftig wegen noch geringfügigeren Befürchtungen die Schere im Kopf einsetzt. Wir dürfen den Hardcore-Islamisten in ihrer Logik nicht folgen, denn damit begeben wir uns in eine Abhängigkeit, von der wir gar nicht mehr wissen, ob sie auf Realem oder Irrealem basiert."

Auch der Intendant des Berliner Hebbel am Ufer, Matthias Lilienthal, kritisierte die Entscheidung seiner Kollegin an der Deutschen Oper. "Die Freiheit der Kunst hat keine Grenzen", unterstrich er. "Daran ändert sich nichts, wenn die Konfrontation mit dem Islamismus dazu führt, dass die Diskussionslinien anders verlaufen als bisher in unserer Gesellschaft, in unserer Tradition."

"Theater darf nicht dem Fanatismus zum Opfer fallen"

Der Dirigent der "Idomeneo"-Inszenierung von Hans Neuenfels, Lothar Zagrosek, bedauerte indes die Absage. "Das Theater darf nicht dem Fanatismus zum Opfer fallen", betonte er. "Es kann nicht sein, dass eine Opernaufführung gestrichen wird, nur weil sich ein paar wenige Fundamentalisten in Afghanistan, in Persien oder im Irak in Drohgebärden gefallen."

Die Deutsche Oper Berlin hatte die Inszenierung von Regisseur Neuenfels überraschend vom Spielplan im November genommen, weil "Störungen im Zusammenhang mit der Aufführung in ihrer geplanten Form nicht ausgeschlossen werden können". In Neuenfels' Schlussszene trägt Idomeneo die abgetrennten Köpfe von Poseidon, Jesus, Buddha und Mohammed auf die Bühne. (Von Mey Dudin, ddp)

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