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Politik: IG Metall nennt Siemens-Chef „Arbeitszeitrambo“

5000 Stellen in Gefahr / Gewerkschaft fühlt sich im Streit um 40-Stunden-Woche erpresst / Protest auch im öffentlichen Dienst

Berlin/München . Die geplante Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland durch den Elektrokonzern Siemens und die Ankündigung des Freistaates Bayern, die Arbeitszeit von neu eingestellten Arbeitern und Angestellten auf 42 Stunden aufzustocken, haben einen Proteststurm ausgelöst. Der IG Metall-Chef von Bayern, Werner Neugebauer, bezeichnete Siemens-Chef Heinrich von Pierer als „Arbeitszeitrambo“. Gegen die Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst Bayerns protestierten am Donnerstag Lehrer- und Beamtenverbände, auch Bayerns kommunale Arbeitgeber sind dagegen.

Bei Siemens sind 5000 Arbeitsplätze im Inland gefährdet – die IG Metall spricht sogar von 10 000 Stellen in dem Konzern. Vor diesem Hintergrund sieht Neugebauer eine neue „Koalition von Kapital und Kabinett“. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Pierer wollten die Arbeitszeitdebatte politisch aufladen. Der Gewerkschafter machte in München deutlich, dass sich die Arbeitnehmer von Siemens erpresst fühlten. Der weltweit tätige Konzern erwartet Zugeständnisse von den Mitarbeitern nach den Bedingungen des neuen Manteltarifvertrags. Danach kann unter anderem die Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche ausgeweitet werden.

Die IG Metall kündigte an, ihren Widerstand zu verschärfen. Man werde sich keinesfalls auf einen Lohnverzicht um 25 bis 30 Prozent bei fünf Stunden Mehrarbeit einlassen. „Siemens ist kein krisengebeutelter Mittelständler, Siemens hat eine besondere soziale Verpflichtung für die Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland.“

Siemens steht nicht allein mit dem Argument, nur durch die Nutzung billiger Auslandsstandorte sei überhaupt noch die Produktion in Deutschland zu halten. Zwar verlagern Industriefirmen, inzwischen auch Dienstleister, schon seit Jahren Arbeitsplätze vorwiegend nach Asien. Mit dem Beitritt osteuropäischer Staaten zur EU gewinnt die Verlagerungswelle aber eine neue Dynamik. Hinzu kommt, dass die Konjunkturflaute den Kostendruck in den Betrieben gesteigert hat.

Noch verfügen die meisten deutschen Konzerne – aber auch Mittelständler – in Deutschland über eine starke Produktionsbasis. Doch das Gewicht der Auslandsstandorte wächst. So ging der Autohersteller Audi wegen niedrigerer Lohnkosten schon 1989 mit einem Teil der Motorenproduktion ins ungarische Györ. Der neue Geländewagen Touareg von VW rollt nicht in Wolfsburg, sondern im slowakischen Bratislava vom Band.

Der Maschinenbauer MAN hat in der Busfertigung jahrelang Verluste geschrieben. Jetzt werden die Fahrzeuge in Polen und in der Türkei gebaut, in Salzgitter wird nur noch ausgerüstet. Pro Arbeitsplatz spart MAN dadurch nach eigenen Angaben 25 000 Euro im Jahr ein.

Dieter Fockenbrock

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