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Politik: Ignorieren und ausleuchten

Vorbild für den Kampf gegen die NPD? Wie die Politik im Südwesten mit den „Republikanern“ umging

Jetzt, da die rechtsextreme NPD im sächsischen Landtag ihr Unwesen treibt, suchen die Demokraten einigermaßen ratlos nach Wegen, die Rechtsextremen schnell wieder aus dem Dresdner Parlament zu verscheuchen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel gab dieser Tage einen Hinweis. Man müsse „die Ursachen für das Protestverhalten der Wähler beseitigen“, sagte der CDU-Regent, der im Stuttgarter Landtag neun Jahre lang den Fraktionschef der „Republikaner“, Rolf Schlierer, unmittelbar vor der Regierungsbank erdulden musste.

Von 1992 bis 2001 saß Schlierers Truppe im Landtag, in den sie auf dem Höhepunkt der Asylrechts-Debatte gelangt war.

Im Umgang mit den „Republikanern“ wählte die 1992 gebildete große Koalition zunächst gegensätzliche Strategien. Teufel und die CDU versuchten es mit Ignorieren und Totschweigen, SPD-Innenminister Frieder Birzele blies hingegen zum Angriff. Er sorgte dafür, dass Landeskriminalamt und Verfassungsschutz, bis dahin noch ganz auf Links konzentriert, nun das rechtsradikale und rechtsextreme Milieu ausleuchteten. Zudem plädierte Birzele für eine offensive politische Auseinandersetzung, die sich zum Beispiel in einer bundesweit beachteten Wanderausstellung manifestierte. Birzele setzte sich mit seiner Linie zusehends durch.

In der Parlamentsarbeit erhielten die „Republikaner“ die ihnen zustehenden Rechte umstandslos eingeräumt, doch in die ideelle Gemeinschaft der Demokraten fanden sie keinen Einlass. Auch wenn da und dort kumpelhafte Töne und Gesten im geschäftsmäßigen Umgang bemerkbar waren. In einigen Landkreisen sowie im Stuttgarter Regionalparlament kam es zu Sondierungsgesprächen mit den „Republikanern“, die sich gern als Mehrheitsbeschaffer bei der Postenvergabe umgarnen ließen und dabei auf ihrer Verfassungstreue bestanden.

Bisweilen fehlte es auch an Mut, den Rechten entgegenzutreten: 1999 reagierte die Verwaltung des Landtags auf eine Drohung Schlierers und entfernte vorübergehend „Republikaner“-Material aus einer Ausstellung des Bundesamts für Verfassungsschutz, die im Stuttgarter Landtag eröffnet werden sollte. Das Parlament war blamiert.

Reiner Ruf[Stuttgart]

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