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Die 70. Berlinale hat begonnen

© Tsp, Thilo Rückeis

Im Film: „Kein Durchgang“

Aus der Kinotraum: Das Cinestar am Potsdamer Platz ist ein Spukhaus. Eindrücke vom Umbau. Unsere Berlinale-Kolumne (1).

Den roten Teppich haben sie recycelt; früher waren das Fischernetze. Zum Start der Berlinale haben sich nicht viele Stars drin verfangen. Wer will schon im Februar nach Berlin?

Diesmal spielt das Filmfest im Spukhaus: dem Potsdamer Platz. Im geschlossenen Cinestar-Kino laufen Rolltreppen auf blinde Filmplakathalter zu; im Keller sitzt ein Mann, der auf Menschen wartet, die nicht mehr vorbeikommen. Daneben eine Schautafel: „Kein Durchgang“. Hier unten geht’s nur noch zum Lego-Shop, in dem Olaf in Einzelteilen verkauft wird. Olaf ist der fröhliche Schneemann im Eisprinzessinnen-Film; er träumt vom Sommer wie wir alle. Für mich ist er das perfekte Berlinale-Maskottchen. Der Bär hat’s ja diesmal nicht auf die Plakate geschafft. Ist eben kein lustiger Eisbär. Sondern andauernd brummelig.

Schnee haben viele Berliner lange nicht gesehen, ein Kino von innen auch nicht. Einfach mal berieseln lassen – die meisten können das nicht mehr.

René war zuletzt in „Bibi und Tina“, da geht’s um Mädchen gegen Jungs und um Pferde. „Ick musste da hin wegen der Kinder“, sagt René, wischt sich Arbeit von der Stirn und steigt auf seine Leiter. Jeder, der im Spukhaus nach Kinokarten ansteht, hört Renés Bohrmaschine. Direkt an der Vorverkaufskasse – hinter einer Rigipswand mit Tür – reißt er die alten Geschäfte ab. „Dit dauert ’n paar Wochen“, sagt René und zerrt eine Zwischendecke von der Decke. Bei ihm gibt’s heute Mittag Kabelsalat.

„Stiller Aufschrei“

Das ändert sich am Potsdamer Platz nie: Was Vernünftiges zu essen kriegt man hier nicht. Selbst beim Champagner-Brunch im Ritz hat mir die Kürbis-Karambolage nicht geschmeckt; verglichen mit den Kaviar-Eiern war sie doch etwas fad. Keine Sorge, ich hab das geschenkt bekommen. Seine Freunde kann man sich halt nicht aussuchen.

Die Filme schon, diesmal sind es 340. In einem wird ein Schwein porträtiert, bevor es aufgegessen wird. Es heißt Gunda. Die Doku wird von der Berlinale als „meditative Intervention“ beworben, als „stiller Aufschrei, der doch das Leben feiert“. Da hat Gunda ja Schwein gehabt.

Lausig wie ein Berliner Februar. Staubig wie ein Spukhaus. Lebendig wie eine geschlachtete Sau. Also, ich freu mich auf die Berlinale.

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