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Politik: Im juristischen Niemandsland

Weder die USA noch Kuba fühlen sich für Guantanamo-Häftlinge zuständig – ein US-Gericht ordnet nun die Freigabe der Namen an

Von Claudia von Salzen

Am Freitag ordnete in Washington die Bundesrichterin Gladys Kessler an, dass die US-Regierung die n aller nach dem 11. September festgehaltenen Verdächtigen veröffentlichen muss. Die meisten von ihnen werden auf dem US-Militärstützpunkt Guantanamo auf Kuba festgehalten. Die Anordnung der Washingtoner Bundesrichterin ändert allerdings nichts daran, dass die über 560 Gefangenen von Guantánamo bislang in einem juristischen Niemandsland leben. US-Gerichte fühlen sich für die Gefangenen nicht zuständig, weil sie sich nicht auf amerikanischem Territorium befinden. Auch Kuba hält sich für juristisch nicht zuständig: Als die ersten Gefangenen im Januar auf den Stützpunkt gebracht wurden, erklärte die Regierung in Havanna umgehend, die USA hätten ihnen das „ Recht der Ausübung der Jurisdiktion auf diesem Gebiet“ geraubt.

Völkerrechtlich seien die USA verantwortlich für das, was auf dem Stützpunkt Guantánamo passiere, sagt der Münchner Völkerrechtler Andreas Paulus. „Aber die USA entziehen sich einer gerichtlichen Überprüfung.“ Da die US-Gerichte eine Zuständigkeit ablehnen, gibt es für die Gefangenen kein einziges Gericht, vor dem sie gegen ihre Internierung auf Guantánamo protestieren könnten. „Ihnen bleibt allein der diplomatische Weg“, sagt Paulus. Ihre jeweiligen Heimatländer müssten mit der US-Regierung verhandeln.

Doch die Männer, die in Afghanistan an der Seite der Taliban oder für die Al Qaida gekämpft haben, stammen aus 33 Ländern der Welt. Es ist kaum anzunehmen, dass sich alle Regierungen gleichermaßen für die Gefangenen einsetzen. Den übrigen bleibt nur der Appell an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das zumindest die umstrittenen Haftbedingungen prüft.

Die USA haben angekündigt, die Afghanistan-Kämpfer vor eine Militärkommission zu stellen. Doch bisher wurde kein einziger angeklagt. Manche von ihnen sind schon seit fast 200 Tagen im eigentlich provisorischen Gefängnis Guantánamo, vollkommen isoliert von der Außenwelt. Kriegsgefangene könnten internationalem Recht zufolge für die Dauer eines bewaffneten Konflikts interniert werden, erläutert Paulus. Die USA gewähren den Gefangenen aber nicht den Status von Kriegsgefangenen, sondern sehen sie als „unrechtmäßige Kämpfer“. Doch selbst diese müssten spätestens nach Ende des Krieges angeklagt werden, sagt Paulus. Genau hier beginnt die nächste Grauzone: Wann ist der Krieg gegen Afghanistan, wann ist der Kampf gegen den Terror beendet?

Nach Ansicht des Völkerrechtlers Paulus verstoßen die USA gegen die Genfer Konvention und auch gegen den Pakt über bürgerliche und politische Rechte: „Kein Gericht hat geklärt, ob die Afghanistan-Kämpfer den Status von Kriegsgefangenen haben.“ Bis dahin müssten sie wie Kriegsgefangene behandelt werden. Außerdem sollten die Gefangenen vor ein Gericht gestellt werden, das Mindeststandards für einen fairen Prozess einhält. Das fordern auch die Menschenrechtsorganisationen: „Die Gefangenen sollten innerhalb einer angemessenen Frist angeklagt oder aber freigelassen werden“, so Dawid Bartelt, Sprecher von amnesty international.

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