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Politik: Im kleinen Kreis

Aus Sicherheitsgründen fiel der zentrale Festakt im irischen Dublin schlichter aus als geplant – und war trotzdem sehr bewegend

Der zwölfjährige Laszlo Sztana machte seine Sache gut. Dass er etwas steif die deutsche Fahne dem Bundeskanzler in die Hände drückte und sichtlich erleichtert wieder abmarschierte, war verständlich – nicht nur die Augen von 25 europäischen Staats- und Regierungschefs ruhten auf ihm, ganz Europa von Estland bis Malta schaute zu. Es war eine schöne Geste der irischen Gastgeber, Kindern bei der Dubliner Beitrittsfeier die Hauptrolle anzuvertrauen: Jugendliche aus den 25 EU-Staaten, die in Dublin leben, viele mit Eltern unterschiedlicher Nationalität, sollten sichtbar machen, wie Europa schon heute zusammengewachsen ist.

Laszlo zum Beispiel hat einen ungarischen Vater und eine deutsche Mutter. Er lebte in Deutschland, in Brüssel und jetzt in Irland. Doppelssprachig durch Vater und Mutter, spricht er zudem Englisch und Französisch. So wurde die Flaggenzeremonie vor dem klassizistischen Säulenportal des irischen Präsidentenpalastes im Dubliner Phoenix-Park zur Demonstration der Offenheit und der Vielfalt der Kulturen Europas.

„Heute geben wir unseren Kindern als Geschenk das bisher größte Europa. Wir hoffen, dass sie morgen das Beste daraus machen“, sagte die irische Präsidentin Mary McAleese zu Beginn der schlichten und doch bewegenden Feier. Der irische Nobelpreisträger Seamus Heaney nannte es „etwas Verheißungsvolles“, dass die Erweiterung ausgerechnet am 1. Mai stattfinde, der in Irland von den Kelten als mythischer Ankunftstag gefeiert worden war. Das Zusammentreffen von Mythos und europäischer Zeitgeschichte inspirierte den Poeten zu einem Gedicht, das er vor der Flaggenparade vortrug.

Nachdem irische Offiziersschüler die Fahnen der EU-Staaten und die Europafahne zu den Klängen der europäischen Hymne, der „Ode an die Freude“ hochgezogen hatten, lagen sich die Regierungschefs in den Armen. Polens Staatspräsident Aleksander Kwasniewski hatte Tränen in den Augen. Der Schwede Göran Persson umhalste den Premier der Slowakischen Republik, Ungarns Ministerpräsident den Luxemburger Jean- Claude Juncker. Nach sechs langen Jahren des Verhandelns konnte der Erfolg der Knochenarbeit gefeiert werden. „Wir machen jetzt eine Pause – und feiern“, sagte der Gastgeber, Irlands Premier Bertie Ahern. Tatsächlich jedoch fiel die zentrale europäische Feier in der Hauptstadt der EU-Präsidentschaft bescheidener aus als geplant. Weil man islamischen Terroristen kein Ziel bieten wollte, wurde das geplante Straßenfest in der Dubliner Innenstadt abgesagt. Doch im ganzen Land wurde musiziert, getanzt. Ein Kneipenbesucher brachte es auf den Punkt: „Das ist fast wie am Sankt-Patricks-Tag. Nur wenn Du einen Polen im Pub siehst, gibst Du ihm ein Bier aus.“

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