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Politik: Im Kreis der Unterstützer

Eine Razzia in drei Bundesländern offenbart neue Helfer der Terrorzelle NSU Unter ihnen soll ein führender sächsischer Neonazi sein.

Berlin/Karlsruhe - Die Bundesanwaltschaft kommt bei den Ermittlungen zur rechtsextremen Terrorzelle voran. Am Mittwoch wurden in drei Ländern Wohnungen und Geschäfte mutmaßlicher Unterstützer des Trios durchsucht. Mittlerweile werden Ermittlungsverfahren gegen elf mutmaßliche Unterstützer der Gruppe geführt, wie Generalbundesanwalt Harald Range am Mittwoch in Karlsruhe sagte. Das sind vier mehr als bislang bekannt. Die Helfer sollen unter anderem Schusswaffen und Sprengstoff für die als „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) agierende Gruppe beschafft haben.

Nach Informationen des Tagesspiegels ist einer der neuen Beschuldigten der sächsische Rechtsextremist Jan W. Bereits Ende der 90er Jahre hatte der Brandenburger Verfassungsschutz gewarnt, Jan W. beschaffe Waffen für die untergetauchten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Der Neonazi aus der Region Chemnitz hat zudem eine führende Rolle in der rechtsextremen Skinhead-Vereinigung „Blood & Honour“ gespielt, deren deutscher Zweig im Jahr 2000 vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) verboten wurde. Sicherheitsexperten vermuten, dass Jan W. über ausländische Kontakte der international agierenden Vereinigung Waffen für das Trio besorgt hat.

Etwa 110 Polizeibeamte waren an der Aktion in Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg beteiligt. Ziel sei es, weitere Erkenntnisse über das Unterstützerumfeld der terroristischen Vereinigung und die Herkunft der Waffen zu gewinnen. Es seien Festplatten, Computer, CDs und zahlreiche Schriftstücke sichergestellt worden, sagte Range. „Es ist eine unserer vordringlichsten Aufgaben, den Kreis der Unterstützer des NSU umfassend zu ermitteln und sie gegebenenfalls zur Verantwortung zu ziehen“, sagte Range. „Auf dem Wege dahin sind wir in den letzten Wochen erheblich vorangekommen.“ Gegen die neu hinzugekommenen Verdächtigen wurden nach Angaben eines Sprechers keine Haftbefehle beantragt. Zwei von ihnen sollen den mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bereits 1998 Sprengstoff und eine Schusswaffe zur Verfügung gestellt haben. Es bestehe der Verdacht, dass sie die Zwickauer Terrorzelle auch später unterstützt hätten. Zwei weitere Beschuldigte sollen den NSU-Mitgliedern 2002 und 2003 Schusswaffen verschafft haben, darunter mindestens eine sogenannte Pumpgun.

Derzeit sitzen vier mutmaßliche Unterstützer in Untersuchungshaft, dazu kommt Beate Zschäpe als einziges überlebendes Mitglied der Gruppe. Range äußerte sich auch zu einer Haftbeschwerde, die Zschäpes Anwälte eingelegt haben. „Wir halten sie bereits nach den bisherigen Ergebnissen der Ermittlungen weiterhin für dringend verdächtig, sich an der terroristischen Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben.“ Die Ermittler haben dem Bundesgerichtshof 17 Aktenordner mit Beweisen vorgelegt, die dies belegen sollen. Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt hätten seit 1996 als Mitglieder des „Thüringer Heimatschutzes“ in wechselnder Besetzung Straftaten begangen, sagte Range. So hätten sie mit Hakenkreuzen versehene Bombenattrappen aufgestellt.

Mehr als 350 Beamte des Bundeskriminalamts und der Länderpolizeien sowie ein Dutzend Bundesanwälte seien mit dem Komplex befasst, sagte Range. Angesichts der „unfassbaren Grausamkeit und Menschenverachtung, die aus den Taten spricht“, verbiete sich ein vorschnelles Ende der Ermittlungen. fan/dpa

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