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Politik: Im Streit um die SED-Stiftung wird nach Kompromissen gesucht

Die ehemaligen DDR-Bürgerrechtler befinden sich im Kampf. Diesmal geht es nicht gegen die SED, sondern gegen eine Institution, mit der sie große Hoffnungen verbanden.

Die ehemaligen DDR-Bürgerrechtler befinden sich im Kampf. Diesmal geht es nicht gegen die SED, sondern gegen eine Institution, mit der sie große Hoffnungen verbanden. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur war 1998 errichtet worden, um Vereine und Archive der früheren DDR-Opposition zu unterstützen. Doch seit Monaten gibt es Streit um die Förderer. Bürgerrechtler fürchten die schrittweise Entstehung einer zentralen Aufarbeitungsbehörde, die kleinen Projekten das Wasser abgräbt. "Unsere Hoffnungen haben sich nicht erfüllt", resümierte Jörg Dieselmann vom Verein "Astak" am Montag vor dem Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Doch trotz öffentlicher Konfrontationen - jünster Höhepunkt war ein Protestbrief von 15 Initiativen an Bundestagspräsident Thierse - fragen sich alle Beteiligten, wie die Gräben wieder zugeschüttet werden können. Ein Kompromiss scheint möglich.

Was die Initiativen von der Stiftung erwarten, wurde bei der Anhörung deutlich. "Wir wollen eine Förderstiftung, die uns eine Perspektive bietet", meinte Andreas Otto von der Berliner Havemann-Gesellschaft, die in zwei Archiven den Nachlass von Oppositionellen verwaltet. Auch Reinhard Schult vom "Komitee 15. Januar" forderte, die Förderer sollten "für uns da sein". Die Stiftung will jedoch weiterhin nur einzelne Projekte unterstützen. Eine "dauerhafte Existenzsicherung" der Initiativen sei nicht möglich, ließ Vorstandschef Rainer Eppelmann (CDU) jüngst wissen. Immerhin schlägt auch er versönliche Töne an: "Die Stiftung sieht ihre Arbeit als Ergänzung des Vorhandenen." Wie aber kann das praktisch aussehen? Manfred Wilke vom Forschungsverbund SED-Staat spricht sich für den Aufbau eines "Netzwerkes" aus, in dem die Stiftung als Kooperationspartner auftritt. Erste Ansätze sind bereits erkennbar. Am Donnerstag wollen sich alle Betroffenen zusammensetzen, um nach Lösungen zu suchen.

Die Witwe des prominenten Oppositionellen Robert Havemann, Katja Havemann, schlägt etwa "eine Art Vertrag" zwischen beiden Parteien vor. Dieser könnte die Arbeit der Bürgerrechtler sichern, aber ihnen auch Qualitätsstandards auferlegen, sagte sie dem Tagesspiegel. Auch innerhalb der Stiftung zeichnen sich Veränderungen ab. Am Mittwoch sollen Fachbeiräte eingerichtet werden, um die Stiftungsarbeit kritisch zu begleiten. Drei Dutzend Wissenschaftler und Beteiligte wollen sich um die Problemfelder Wissenschaft, Archive und gesellschaftliche Aufarbeitung kümmern - "in Abstimmung mit den Vereinen", wie Wolfgang Kusior von der SED-Stiftung verspricht. Nach der Phase des Kampfes könnte also die Phase des Miteinander-Redens beginnen. Am Montag war das noch nicht möglich, denn Vertreter der Stiftung blieben der Anhörung fern. Vielleicht, so hofft der CDU-Abgeordnete Uwe Lehmann-Brauns, "kommen sie ja beim nächsten Mal".

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