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Politik: Im zweiten Anlauf

Bayern versucht erneut, in Karlsruhe die „Homoehe“ zu kippen

Berlin - Der Prozessvertreter Bayerns nimmt es sportlich und als Landeskind mit einem Beckenbauer-Wort: „Schaun mer mal“, sagt der Erlanger Staatsrechtler Matthias Jestaedt. Denn wirklich große Chancen hat die Münchner Staatsregierung tatsächlich nicht, das rot-grüne „Lebenspartnerschaftsgesetz“, die so genannte Homoehe, mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts doch noch zu kippen.

Ein erster Versuch scheiterte vor vier Jahren: 2002 lehnte der Erste Karlsruher Senat die Klage der Bayern ab, die den besonderen Schutz des Grundgesetzes für Ehe und Familie in Gefahr sahen, weil nun auch schwule und lesbische Lebensgemeinschaften von Staats wegen Schutz bekamen. Nun ist der Freistaat vom Generalangriff gegen das Gesetz zur differenzierteren Schlachtordnung übergegangen. Die 83 Seiten starke Klageschrift („Sie sehen, wir haben uns Mühe gegeben“) des Juraprofessors Jestaedt richtet sich nun vor allem gegen Einzelbestimmungen der „Homoehe“.

Zwar geht es weiter auch um das Institut der Lebenspartnerschaft an sich, durch das Bayern gleich zwei Grundgesetzartikel verletzt sieht, den Artikel 3 („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“) und den Artikel 6, Absatz 1 („Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“). Doch im Wesentlichen richtet sich die bayerische Klage nun gegen die so genannte „Stiefkindadoption“, also das neu geschaffene Recht eines homosexuellen Partners, leibliche Kinder des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin zu adoptieren.

Außerdem sieht man in Bayern die klassische Ehe auch durch die Konkurrenz von Lebenspartnerschaft und Ehe gefährdet. „Dadurch, dass es die Lebenspartnerschaft gibt, ist ein neues Ehehindernis geschaffen, das zudem unüberwindlich ist“, sagt Jestaedt. „Wer eine Lebenspartnerschaft eingeht, kann nicht heiraten und umgekehrt. Das heißt, die Eheschließungsfreiheit ist eingeschränkt.“

Für weit brisanter aber hält Jestaedt die Adoptionsfrage. Hier nämlich müssten die Verfassungsrichter, wollten sie Bayerns Klage erneut abweisen, ihrer eigenen Argumentation widersprechen: Noch in einer Entscheidung aus dem Jahre 2003 habe das Gericht festgestellt, wer Eltern sind, nämlich immer ein Vater und eine Mutter. „Wir halten das Gericht nur in seiner eigenen Auffassung fest“, sagt Jestaedt.

Ganz verloren will er die Sache nicht geben, obwohl erneut der Erste Senat mit der Klage befasst sein wird, der die Gründe der Bayern schon vor drei Jahren nicht recht einsehen wollte und dessen Personal seitdem kaum gewechselt hat. „Es ist durchaus schon vorgekommen, dass das Gericht seine Meinung geändert hat“, sagt Jestaedt. Zudem sei die Entscheidung damals mit fünf zu drei Stimmen ergangen, und zwei Richter hätten Sondervoten abgegeben. „So klar war das damals nicht.“ Außerdem gelte, dass man eine Meinung nicht deshalb aufgeben dürfe, weil es im Moment taktisch vielleicht nicht klug ist, sie zu äußern. Und im Übrigen gilt eben: Schaun mer mal.

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