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Im BLICK: Mann bewegt sich

Mann und Frau – wie geht es weiter? Die Frage, die leise Ratlosigkeit verrät, ist Titel einer Diskussion am Montag im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.

Mann und Frau – wie geht es weiter? Die Frage, die leise Ratlosigkeit verrät, ist Titel einer Diskussion am Montag im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Irgendwas läuft anders und vielleicht schief. In Goslar musste kürzlich die Gleichstellungsbeauftragte gehen, weil sie auch benachteiligten Männern half, und in Zürich wurde fürs Wochenende zu einem „Antifeminismus-Kongress“ aufgerufen.

Ist die Frauenbewegung in der Defensive? Unumstritten war sie nie, kleine Bündnisse mal grantelnder, mal rabiater Ex-Ehemänner, die bitter über ihre Unterhaltspflichten klagten, gab es seit den 70er Jahren, als in Westdeutschland das Scheidungsrecht reformiert, das Schuld- vom Zerrüttungsprinzip abgelöst und die Rechte der Ehefrauen gestärkt wurden. Dabei haben selbst Antifeministen offenbar vom Feminismus gelernt: „Freiwillig wird von den Feministen und -innen niemand ein Iota von seiner Macht abgeben“, schreiben wütende Männer etwa auf der durchaus nicht antifeministischen Schweizer Website „männer.ch“, wo der Zürcher Kongress heftig debattiert wurde. Oder: „Wer mit dem Feminismus kollaboriert, wird Teil des Problems.“ Da sind sie, die Denkfiguren des traditionellen Feminismus: Der Blick auf sich selbst als Opfer ungerechter Verhältnisse, Selbstermächtigung, die Machtfrage.

Jenseits der Grantler und Wutbürger hat sich in den letzten Jahren aber etwas verschoben: Während inzwischen von links bis rechts praktisch akzeptiert ist, dass der Präsenz von Frauen in Machtposition notfalls auch nachgeholfen werden muss, mit Quote oder ohne, wehren sich immer mehr Männer dagegen, dass in Teilen des sogenannten Privaten noch altes Denken herrscht. So ist das gemeinsame Sorgerecht bei nicht verheirateten Eltern nach wie vor ein Gnadenakt der Mutter an den Vater. Und viele verheiratete Väter haben es nach einer Scheidung nur der Theorie nach: Ex-Frauen sind vor Gericht nicht selten erfolgreich damit, es für sich allein zu bekommen. Das war lange kein Massenproblem. Ausgerechnet der Erfolg der Frauenbewegung hat es dazu gebracht: Immer mehr Männer wollen – oder können in Zeiten wachsender Prekarisierung – nicht mehr nur Ernährer ihrer Kinder sein, sondern auch ihre Erzieher.

„Der Feminismus und die Frauenbewegung haben das Leben der Männer nicht einfacher gemacht“, hat ein Schweizer im Netz geseufzt. Und hinzugefügt: das der Frauen auch nicht. Stimmt. Nicht zufällig haben sich deshalb, seit es die Frauenbewegung gibt, auch immer Männer für sie engagiert – der Philosoph John Stuart Mill etwa, der 1865 als Frauenrechtler ins britische Unterhaus kam. Das Ende von Rollenzwängen befreit schließlich auch Männer, und lernen lässt sich von der Bewegung auch. Zum Beispiel wie man mit Vielfalt umgeht, ein Muss in einer globalisierten Welt. Frauen, in jeder patriarchalen Gesellschaft „das Andere“ schlechthin, haben damit eine Menge Erfahrung. Und es war die Frauenforschung, die sich zur Genderforschung erweiterte und über den Mann-Frau-Gegensatz längst hinaus ist. Womöglich rennt der Antifeminismus längst offene Scheunentore ein. Und für die noch geschlossenen Türen reicht vielleicht ein Schlüssel.

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