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Im BLICK: Von Bayern lernen

Als in der Weimarer Republik der Finanzausgleich eingeführt wurde, war man in Bayern nicht begeistert. Obwohl man Nehmerland war.

Als in der Weimarer Republik der Finanzausgleich eingeführt wurde, war man in Bayern nicht begeistert. Obwohl man Nehmerland war. Für die bayerische Ablehnung war auch nicht ausschlaggebend, dass das Ausgleichsniveau nur bei 80 Prozent lag – also deutlich unter dem heutigen Vollausgleich. Nein, in München fürchtete man die Mitsprache von Reichsregierung und Reichstag, denn das Geld kam aus Berlin. In der Abwägung war für Bayern damals die eigene Autonomie wichtiger als das Geld. Man erkannte die Gefahr, kommandiert zu werden. Man wollte nicht, was dieser Tage unter dem Begriff Transferunion wie ein Gespenst durch Europa geistert – weil man die Folgen ahnte und ablehnte.

Die europäischen Völker und ihre Regierungen hängen (noch) am Prinzip der Eigenstaatlichkeit und Selbstbestimmung. Die volle Souveränität ist innerhalb der EU zwar aufgegeben, aber das Autonomieverlangen ist ungebrochen. Noch ist die EU vom föderalen Vorbild (oder Zerrbild) der Bundesrepublik Deutschland weit entfernt, in der die Autonomie der Länder mittlerweile stark begrenzt ist, weshalb sie ihre Interessen vor allem durch eifriges Mitregieren im Bund durchsetzen müssen. Was stets dazu führt, dass man sich in unbequemen Kompromissen oder gar als Verlierer wiederfindet. Auch vom direkten Transfersystem des deutschen Finanzausgleichs ist man in der EU noch weit weg.

Obwohl die EU immer schon eine Transferunion gewesen ist. Die vielfältigen Transfers laufen aber über den Brüsseler Etat. Deutschland, Frankreich und Italien sind die Hauptzahler, größte Nehmer sind Polen, Griechenland und Portugal. Überaus effizient ist diese Art der Transferunion nicht, die EU-Programme müssen in den Empfängerländern durch Eigenmittel ergänzt werden, woran es häufig mangelt, weshalb viel Geld gar nicht aus Brüssel abgerufen wird. Zudem ist das System ziemlich bürokratisch, ständig wird neu verhandelt, wer was bekommt.

Wäre also nicht ein direkter Finanzausgleich, also das Ausgleichen der unterschiedlichen Einnahmenniveaus der Staatshaushalte, besser? Möglicherweise. Aber vermutlich auch teurer, zumal bei einem Vollausgleich, in dem hunderte Milliarden Euro bewegt werden müssten. Selbst ein 30-Prozent-Ausgleich wäre noch ein Riesenunterfangen. Die reicheren EU-Staaten lehnen das natürlich ab. Aber auch die Ärmeren dürften bei einigem Nachdenken kein großes Interesse haben. Ein solcher Finanzausgleich würde zwangsläufig zu einer erheblichen Steuerharmonisierung in der EU führen und zudem eine genaue Haushaltskontrolle durch Brüssel nach sich ziehen. Außerdem würden die Zahlerländer auf Mitsprache pochen. Die Haushaltsautonomie der Nehmerstaaten wäre weitgehend futsch (so wie es ja auch den hoch verschuldeten deutschen Ländern im Zuge der Schuldenbremse passiert ist). Insofern werden Griechen, Portugiesen, Iren und andere wohl lieber auf das große Geld verzichten. Es ist kaum anzunehmen, dass sie sich aus Brüssel, Berlin, London und Paris regieren lassen wollen. Diese Einsicht ist es aber auch, die hoffen lässt, dass man in den Schuldenkrisenländern die nötigen Reformen anpackt.

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