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Zeltstadt für Flüchtlinge in Duisburg.

© dpa

Immer mehr Asylbewerber in Deutschland: Wo sollen Flüchtlinge untergebracht werden?

Wegen der steigenden Zahl von Asylbewerbern in Deutschland haben die Grünen ein Spitzentreffen von Bund, Ländern und Kommunen gefordert. Bayern attackiert unterdessen die Italiener in Sachen Flüchtlingspolitik.

Sie haben oft einen langen Weg hinter sich und viel durchgemacht. Sie sind froh, am Ziel angekommen und in Sicherheit zu sein - und müssen dann in Zelten hausen. Mitten in Deutschland. So ist es zurzeit in Duisburg. Aber auch in Braunschweig wurden Anfang Juli mangels Alternativen erstmals Flüchtlinge in Zelten untergebracht. Und in Hamburg stehen Zelte für die zentrale Erstaufnahme bereit. Ist das ein angemessener Umgang mit Schutzsuchenden?

Die Chefin der Grünen glaubt das nicht. "Traumatisierte Flüchtlinge in Zeltstädten unterzubringen ist unwürdig", sagte Simone Peter der Zeitung "Die Welt". Sie fordert ein Spitzentreffen aller staatlichen Ebenen zur Unterbringung der Flüchtlinge: "Ein Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen zur besseren Koordinierung der Unterbringung ist längst überfällig." Der Bund müsse die Kommunen unterstützen.

Die Notlage bei den Unterbringungen ergibt sich aus der stark steigenden Zahl der Asylbewerber infolge der Bürgerkriege in Syrien und dem Irak. Die Regierung von Oberbayern meldete am Donnerstag zum Beispiel einen neuen Flüchtlingsrekord: 319 Asylbewerber an einem einzigen Tag. "Ein Grund dafür ist, dass ein erheblicher Teil der in Italien ankommenden Flüchtlinge ohne das dafür vorgesehene Verfahren nach Deutschland weiterreist",
sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und attackierte gleichzeitig die italienische Regierung: "Es ist Fakt, dass Italien absichtlich in vielen Fällen weder Personaldaten noch Fingerabdrücke aufnimmt, damit die Flüchtlinge in einem anderen Land Asyl beantragen können und nicht wieder nach Italien zurückkehren."

Bayern kritisiert Italien

Der CSU-Politiker verwies auf die Diskrepanzen in den offiziellen Zahlen: In Deutschland seien 2013 über 126.000 Asylanträge gestellt worden, in Italien nur 27.930. Nach den Zahlen des UN-Flüchtlingskommissars UNHCR landeten im vergangenen Jahr aber über 60.000 Flüchtlinge an den italienischen Küsten an. Rom fordert seit Monaten finanzielle Unterstützung für die teure Rettung der Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Nach dem Dublin II-Abkommen soll für Asylbewerber aber eigentlich das Land zuständig sein, das sie zuerst erreichen. UNHCR-Chef Antonio Gutierrez hatte im März festgestellt, dass die Bundesrepublik unter den entwickelten Industriestaaten "die größte Empfängernation" sei.

"Es ist schon dreist vom italienischen Innenminister Alfano, einerseits die hohen Belastungen durch die über das Mittelmeer kommenden Flüchtlinge zu beklagen, andererseits die europäischen Asylbestimmungen zu missachten", kritisierte Herrmann. "Die sehen vor, dass das Land der Ersteinreise für die Durchführung der Asylverfahren zuständig ist." Dafür erhalte das Land finanzielle Hilfen der EU. "Auch die anderen EU-Staaten können deshalb von Italien eine entsprechende Solidarität fordern, nämlich die Einhaltung des gemeinsamen europäischen Asylsystems, auf das sich die EU verständigt hat", verlangte Herrmann. "Dies gilt umso mehr, da angesichts der Krise im Nahen Osten und der brutalen Gewalt der Isis im Irak der Flüchtlingsdruck auf Europa weiter steigen wird."

Kasernen für Flüchtlinge?

Die Organisation Pro Asyl wirft dagegen auch den Bundesländern und Kommunen vor, konzeptlos zu agieren. Die Unterbringung in Containern und Kasernen sei "kurzfristiges Krisenmanagement", sagte Bundesgeschäftsführer Günter Burkhardt, der "Frankfurter Rundschau". "Der Fehler war, dass man Plätze abgebaut und kein Integrationskonzept entwickelt hat." Burkhardt forderte Sprachkurse, Wohnungen und ein Recht auf Arbeit. Es gehe nicht darum, "dauerhaft riesengroße Einrichtungen zu betreiben".

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte die Regierung auf, leerstehende Kasernen zur Verfügung zu stellen. Sachsen-Anhalt und Thüringen machen dies bereits; Baden-Württemberg hat es vor. Auch Berlin ist auf der Suche nach passenden Unterbringungsmöglichkeiten. "Das muss ernsthaft geprüft werden", sagte Kauder. "Zelte dürfen nur eine Ultima Ratio, die letzte Möglichkeit der Unterbringung, sein. Bund und Länder müssen dafür sorgen, dass die Flüchtlinge nach mitteleuropäischen Standards untergebracht werden." (Tsp/dpa)

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