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Politik: Immer mehr rücken von Rösler ab

Frühere FDP-Politiker feiern Lindner.

Von Hans Monath

Berlin - Wenige Tage vor dem FDP-Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Karlsruhe mehren sich die Anzeichen für einen weitgehenden Autoritätsverfall von Parteichef Philipp Rösler. Der Bundesvorsitzende verfügt offenbar nicht mehr über die Definitionsmacht, zentrale Inhalte und Koalitionsoptionen der Partei zu formulieren. Während der nordrhein-westfälische FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner und Gesundheitsminister Daniel Bahr ihre Partei von der Fixierung auf die CDU als alleiniger Koalitionspartner lösen wollen und am Wochenende öffentlich über Ampelkoalitionen mit SPD und Grünen sprachen, vermied Rösler in mehreren Interviews auf entsprechende Fragen eine Festlegung. Nach dem Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki ging auch der FDP-Landeschef im Norden, Heinrich Garg, auf Abstand zu Rösler.

Den Bedeutungsverlust des Bundesvorsitzenden dokumentiert auch ein unter anderem von Ex-Außenminister Hans- Dietrich Genscher veröffentlichter Wahlaufruf früher aktiver FDP-Politiker für Lindner, in dem Rösler nicht einmal mehr erwähnt wird. Genscher sowie Ex- Außenminister Klaus Kinkel und Ex-Innenminister Gerhart Baum feiern Lindner in dem Aufruf als neue politische Kraft. „Christian Lindner hat kraft seiner Persönlichkeit die politische Landschaft verändert“, heißt es darin. Dank Lindner seien viele von der FDP enttäuschte Bürger bereit, ihr eine neue Chance zu geben. Lindner werde zugetraut, die „große Tradition der Liberalen“ wieder aufzunehmen. „Wir brauchen die klare Besinnung der FDP auf unsere grundsätzlichen Ziele“, fordern die drei Politiker.

Lindner hatte nach seinem Antreten als Spitzenkandidat die programmatische Aussage getroffen, dass für die FDP eine Haushaltskonsolidierung wichtiger sei als Steuerentlastungen. Lindner könne Richtungsentscheidungen mitprägen, bescheinigten ihm nun Genscher, Kinkel und Baum. Offenbar weil der Aufruf als Abrücken von Rösler gelesen wurde, erklärte Genscher später, sein Eintreten für Lindner sei nicht als Kritik am Parteichef gemeint gewesen: „Unsere Erklärung hat ausschließlich zum Ziel, Christian Lindner den Rücken zu stärken.“

Offen kritisierte Heinrich Garg den Chef der Liberalen. Der von Rösler als FDP-Markenzeichen gepriesene Wachstumsbegriff sei „viel zu abstrakt und vieldeutig“, sagte er. Garg griff Rösler im „Hamburger Abendblatt“ persönlich an. Er vermisse immer mehr die Fähigkeit Röslers, auf Menschen zuzugehen, und persönliche Authentizität. Hans Monath

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