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Franz Josef Jung

© dpa

Impulse 21: "Markenzeichen deutscher Sicherheitspolitik“

Die Streitkräfte sind gut gerüstet – und ihre Arbeit hat Erfolg, meint Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung. Mehr noch, die Einsätze der internationalen Gemeinschaft für den Frieden fördern die Weiterentwicklung und Zusammenarbeit der internationalen Organisationen.

Vor zwei Jahren wurde das "Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr" beschlossen. Damit verfügen wir erstmals seit 1994 wieder über ein richtungweisendes Grundlagendokument der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik Deutschlands. Wir haben darin unsere Werte, Ziele und Interessen definiert, und wir haben ein Programm für die Zukunft entwickelt. Das ressortübergreifende Konzept "Vernetzter Sicherheit" ist mittlerweile zum Markenzeichen deutscher Sicherheitspolitik und in der Allianz als "comprehensive approach" Grundlage für die Einsätze in Afghanistan und auf dem Balkan geworden.

Die Veröffentlichung des Weißbuches ist Teil der Erfolgsbilanz dieser Bundesregierung. Wir haben das Konzept der "Vernetzten Sicherheit" in der politischen Praxis konsequent umgesetzt. In Afghanistan sind wir trotz der immer noch vorhandenen Defizite im Bereich der Regierungsführung und des Wiederaufbaus sowie der in Teilen verschärften Sicherheitslage auf dem Weg zu unserem Ziel selbsttragender Stabilität. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Zusammenwirken aller Akteure und Instrumente, so wie wir dies auch im Weißbuch beschrieben haben. Weder allein militärisch noch allein mit zivilem Engagement lässt sich die Herausforderung bewältigen, das Land zu stabilisieren und zukunftsfähig zu machen. Auf einen einfachen Nenner gebracht heißt das: Ohne Sicherheit keine Entwicklung und ohne Entwicklung keine Sicherheit! Der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte, den Deutschland mit seinen Verbündeten und Partnern mit Nachdruck vorantreibt, trägt erste Früchte. Gemeinsam haben wir mittlerweile rund 60 000 afghanische Soldaten ausgebildet; unser Ziel sind 134 000. Rund 25 000 afghanische Polizisten haben erfolgreich eine Ausbildung durchlaufen; unser Ziel sind 82 000. Bereits heute sind die afghanischen Sicherheitskräfte in der Verantwortung für die Sicherheit der Hauptstadt Kabul. In absehbarer Zukunft wird schrittweise weitere Verantwortung für die Afghanen dazukommen.

Nur gemeinsames Verständnis und koordinierte Aktionen versprechen Erfolg

Gleichzeitig beschleunigen wir den Wiederaufbau, indem wir unserem "comprehensive approach" mehr Schwung auch auf der zivilen Seite verleihen. Es sind schon eine ganze Reihe von Fortschritten beim Aufbau des geschundenen Landes zu beobachten. So haben mittlerweile 80 Prozent der Bevölkerung Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung, fünf Millionen Flüchtlinge sind in ihre afghanische Heimat zurückgekehrt und rund sieben Millionen Kinder - Jungen und Mädchen - besuchen eine Schule. Die Isaf-Truppen garantieren den Schutz, ohne den die Arbeit an der Zukunft Afghanistans unmöglich wäre.

Die Einsätze der internationalen Gemeinschaft für den Frieden haben auch eine wichtige Katalysatorwirkung für die institutionelle Weiterentwicklung der für uns maßgeblichen Organisationen entwickelt. So haben wir die enge und koordinierte Zusammenarbeit zwischen Vereinten Nationen (UN), Nato und Europäischer Union (EU) deutlich verbessert. Beispielsweise ist es gelungen, eine förmliche, von beiden Generalsekretären unterzeichnete Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Nato und UN abzuschließen, auf der jetzt systematisch aufgebaut werden kann. Auch mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen Nato und EU konnten wir Fortschritte erreichen, auch wenn wir noch nicht am Ziel sind. Washington unterstützt heute den Ausbau der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach Kräften, und Frankreich setzt sich heute in einer in der jüngeren Vergangenheit beispiellosen Weise für das transatlantische Verhältnis und eine starke Allianz ein. Damit bietet sich die Chance, jetzt den Durchbruch zu einer dringend notwendigen, engstmöglichen Zusammenarbeit zwischen Nato und EU zu schaffen. Denn wir werden sowohl auf dem Balkan als auch in Afghanistan nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn wir mit einem gemeinsamen Verständnis und koordinierten Aktionen den Aufbau gestalten.

Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr sind gut

Gut vorangekommen sind wir ebenfalls in der zukunftsfähigen Weiterentwicklung der Bundeswehr. Der Abwärtstrend früherer Jahre im Verteidigungshaushalt konnte gestoppt und umgekehrt werden. Der aktuelle Regierungsentwurf sieht Verteidigungsausgaben für das Jahr 2009 in Höhe von 31,1 Milliarden Euro vor. Dies bedeutet eine Steigerung um circa 1,6 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil der verteidigungsinvestiven Ausgaben am Plafond steigt erneut, wobei allein im Bereich der militärischen Beschaffungen eine Erhöhung von über 520 Millionen Euro vorgesehen ist. Mit dem hohen Anteil investiver Ausgaben haben wir eine zukunftsweisende Struktur des Verteidigungshaushalts. Wir können damit nicht nur den Anpassungs- und Modernisierungsprozess der Bundeswehr fortsetzen, sondern auch ein breites Fähigkeitsprofil entwickeln.

Die Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr sind gut. Vor allem die Truppe im Einsatz bekommt, was sie zur Auftragserfüllung braucht. Insbesondere der Schutz unserer Soldaten in den Einsätzen hat für mich höchste Priorität. Deshalb bewegen sich unsere Soldaten im Einsatz in Afghanistan außerhalb der Feldlager nur noch in geschützten Fahrzeugen. Wir haben heute mehr als 700 dieser Fahrzeuge in Afghanistan, davon über 100 vom Typ Dingo und Dingo 2. Der Eagle IV und vor allem der Boxer, der in seiner Klasse international Maßstäbe setzt, werden in Kürze folgen. Auch wenn diese hochmodernen Fahrzeuge deutlich teurer als die herkömmlichen Transport- und Führungsfahrzeuge sind, sind sie eine gute Investition in die Sicherheit unserer Soldaten.

Wir müssen den Begriff "Sicherheit" konsequent weiterentwickeln

Das Einsatzversorgungsgesetz und das Einsatzweiterverwendungsgesetz garantieren darüber hinaus die materielle Absicherung im Auslandseinsatz. Die medizinische Versorgung in den Einsatzgebieten entspricht im Ergebnis dem Versorgungsstandard im Inland. Wir nehmen mit diesem hohen Standard international eine Spitzenstellung ein. Ebenso haben wir den Rechtsschutz von Soldaten im Auslandseinsatz verbessert. Nunmehr können unseren Soldaten, die im Interesse unserer Sicherheit ein persönliches Risiko tragen, keine rechtlichen Nachteile mehr entstehen.

Der durchschlagende Erfolg, den wir mit dem Weißbuch erzielt haben, ist jedoch kein Grund auszuruhen. Wir werden den Rest der Legislaturperiode nutzen, darauf aufzubauen. Die Welt unterliegt der Dynamik eines bisher nicht gekannten beschleunigten Wandels. Wenn wir diesen Wandel entsprechend unserer Verantwortung und unserer Interessen erfolgreich mitgestalten wollen, müssen wir den Begriff "Sicherheit" konsequent weiterentwickeln. Nur so werden wir Sicherheit und Wohlfahrt für die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes bewahren können. Wir müssen lernen, wechselseitige Abhängigkeiten im globalen Maßstab zu erkennen. Wir müssen begreifen, dass wir nur gemeinsam im vernetzten Ansatz eine Antwort auf die Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus, die Destabilisierung von Ländern und ganzen Regionen und andere Bedrohungen finden können. Wir müssen begreifen, dass das Militärische dabei nur ein Mittel im Verbund der anderen zivilen, diplomatischen und polizeilichen Mittel ist. Für die Politik erwächst daraus die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass es mit Blick auf Quantität und Qualität im gebotenen und bestmöglichen Maß zur Verfügung steht.

Der Autor ist Bundesminister der Verteidigung und CDU-Politiker.

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