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Politik: In 48 Stunden durch Südosteuropa

Gastgeber mit großen Erwartungen an Reise des Bundeskanzlers

Von Gemma Pörzgen, Belgrad

In der Slowakei darf Gerhard Schröder noch der „Autokanzler“ sein. Das VW-Werk in Bratislava war am gestrigen Mittwoch erste Anlaufstation der Reise, die den Bundeskanzler von dort weiter nach Serbien-Montenegro führte und nach Kroatien führen wird. Mit dem kurzen Arbeitsbesuch bei Ministerpräsident Mikulas Dzurinda soll auch der Erfolg der slowakischen Reformanstrengungen gewürdigt werden, die das kleine Land schon 2004 in die EU führen werden.

Von solchen Leistungen weit entfernt ist Serbien-Montenegro, wo Schröder am frühen Abend eintreffen sollte. Auch unter dem neuen Ministerpräsidenten Zoran Zivkovic ist das Land wieder in die politische Krise geraten und kommt wirtschaftlich kaum voran. Nach dem Mord am früheren Premier Zoran Djindjic im März wird die politische Szene weiter von Intrigen und Affären beherrscht.

Die Erwartungen an Schröder sind in Belgrad waren so groß, dass er ihnen während seines rund vierstündigen Kurzbesuchs kaum gerecht werden konnte. Schließlich war es der erste Besuch eines deutsches Kanzlers seit 1985. Vor allem die Äußerungen des Kanzler zur Zukunft des Kosovo wurden mit Spannung erwartet. In Belgrad befürchtet man, Berlin könnte ähnlich wie 1991, als es die Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens unterstützte, auch bei Kosovo plötzlich vorpreschen. Die Zukunft des Gebietes ist bislang ungeklärt.

Für Enttäuschung könnte in Belgrad auch gesorgt haben, dass Schröder ohne Wirtschaftsdelegation anreiste. Das Land benötigt ausländische Investitionen, aber angesichts von Rechtsunsicherheit und Dauerkrise zögern deutsche Firmen mit ihrem Engagement. Höhepunkt des Besuchs war die Gründung eines deutsch-serbisch-montenegrinischen Kooperationsrates. Das Wirtschaftsforum soll dabei helfen, konkrete Probleme von Investoren mit politischer Unterstützung zu lösen.

Hilfe für den Parteifreund

Die Kanzlerreise führt am heutigen Donnerstag weiter ins benachbarte Kroatien. Dort will Schröder vor allem Regierungschef und Parteifreund Ivica Racan Wahlhilfe leisten – am 23. November stehen Parlamentswahlen ins Haus. Umfragen zufolge könnte die nationalistische Partei des 1999 verstorbenen früheren Staatschefs Franjo Tudjman die jetzige Regierung ablösen. Kroatien hat im Februar in Brüssel einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt, für den es sehr auf deutsche Unterstützung hofft. Auch in Zagreb trifft der Bundeskanzler nur mit dem Präsidenten Stipe Mesic und Racan zu Gesprächen zusammen. Mit drei Stunden Aufenthalt fällt die Visite soagar noch kürzer aus als in Belgrad. Dabei ist es das erste Mal, dass ein deutscher Bundeskanzler nach Kroatien kommt. Außerdem wird Schröder in Zagreb die deutsch-kroatische Wirtschaftskammer eröffnen.

Gemma Pörzgen[Belgrad]

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