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Politik: „In Dankbarkeit verneigen“

Minister Jung würdigt die toten Soldaten bei der Trauerfeier auf dem Militärflughafen Köln-Wahn

Von Robert Birnbaum

Köln-Wahn/Berlin - Sie waren in der Transall mit den Särgen mitgeflogen – Soldaten aus Kunduz und Termes. Zwischen den Trauergästen in Schwarz sitzen einige von ihnen, in ihrer Wüstenflecktarnuniform, und geben ihren Kameraden hier das letzte Geleit. Gestern Abend, in einem Flugzeughangar auf dem Militärflughafen in Köln-Wahn, die Trauerfeier zu Ehren der drei Soldaten, die am Samstag auf dem Markt in Kunduz bei einem Selbstmordattentat ums Leben gekommen sind. Um 17 Uhr ist die Transall mit den Toten gelandet. Rund 150 Gäste aus Militär und Politik sind gekommen, um Abschied zu nehmen, unter ihnen die Ministerpräsidenten der Länder, aus denen die Soldaten stammten, Peter Harry Carstensen, Roland Koch und Jürgen Rüttgers. Die Särge, sie stehen aufgebahrt in der Halle, auf ihnen liegt die Flagge der Bundesrepublik. Es war der Wunsch der Angehörigen, dass die Särge nicht erst zu Beginn der Trauerfeier hereingetragen würden, eine Zeremonie, die Minuten dauert, die an den Nerven zerrt.

Zusammen mit Verteidigungsminister Franz Josef Jung, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Militärgeistlichen betreten die Angehörigen die hohe Halle, verharren mit gesenkten Köpfen vor den Särgen der Gefallenen. In der Flugzeughalle, wo sonst repariert und gearbeitet wird, ist es still. Als erstes spricht der Evangelische Leitende Militärdekan Ulrich Brates, dann der Minister. „Ich verneige mich in Dankbarkeit und Anerkennung vor den getöteten Soldaten“, sagt Jung in seiner Traueransprache, mit belegter, fast brüchiger Stimme. Die drei Männer seien ums Leben gekommen, weil sie sich aktiv für eine bessere und friedlichere Zukunft Afghanistans eingesetzt und damit zur Sicherheit unseres eigenen Landes beigetragen hätten. „Unsere Gedanken und Gebete sind bei Ihnen, den Angehörigen.“

Die Militärgeistlichen, der Katholische Leitende Militärdekan Rainer Schnettker, der Katholische Militärbischof Walter Mixa, der Evangelische Militärbischof Peter Krug, sie versuchen, den Angehörigen in dieser dunklen Stunde Hoffnung zu geben, beten das Vaterunser. Es ist eine kurze Trauerfeier, nur eine halbe Stunde, sehr still, sehr bedrückt. „Ich hatte einen Kameraden, einen besseren findst du nicht“ – das Musikkorps spielt das Lied von Ludwig Uhland, das immer auf Trauerfeiern der Bundeswehr erklingt. Die Särge werden vor der Halle in Autos verladen, die Soldaten unter den Anwesenden salutieren, ihre Blicke folgen den Wagen. Am Ausgang des Lagers in Kunduz steht eine Tafel, auf der die Namen der in Afghanistan gestorbenen Soldaten steht. 18 Namen waren es. Jetzt werden drei weitere hinzukommen.

Am Morgen schon waren die deutschen Soldaten in Kundus und in Masar-i-Scharif, in Kabul, in Faisabad und in Termes, dem Luftstützpunkt in Usbekistan, zur gleichen Zeit angetreten. In einer Trauerfeier hat die Bundeswehr in Afghanistan Abschied genommen von ihren drei Toten. Und auch das Bundeskabinett hat der deutschen Opfer gedacht, mit einer Schweigeminute und einer kurzen Ansprache der Kanzlerin.

Angela Merkel hat bekräftigt, dass der Einsatz weitergehen wird. Widerspruch oder auch nur eine längere Debatte gab es nicht. Schon am Montag hatte die Koalition beschlossen, auf eine Debatte im Parlament zu verzichten, bevor nicht wenigstens die Toten beerdigt sind. Überhaupt stellt in der Koalition niemand den Afghanistaneinsatz insgesamt infrage. Aus der SPD heraus mehrt sich allerdings die Kritik an einzelnen Bestandteilen der deutschen Mandate. Der Wehrpolitiker Rainer Arnold bekräftigte seine Forderung, aus der deutschen Mitwirkung an der US-geführten Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ (OEF) die Bereitstellung von bis zu hundert Soldaten des „Kommandos Spezialkräfte“ (KSK) zu streichen. Dem schließt sich die frühere SPD-Familienministerin Renate Schmidt an: Man müsse im Herbst bei der Verlängerung des Mandats sehr ernsthaft prüfen, ob die deutsche Beteiligung an „Enduring Freedom“ noch die richtige Strategie sei, oder ob sie dem deutschen Einsatz im Rahmen von Isaf nicht zuwiderlaufe. Schmidt kündigt überdies Widerstand gegen eine Verlängerung des Einsatzes von Tornado-Aufklärungsjets an. Der sei in den Augen der afghanischen Bevölkerung Symbol dafür, „dass wir in unserer Strategie einen Wechsel hin zum Militärischen vollzogen haben“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Dieses Symbol darf nicht erhalten bleiben.“

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