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Politik: In der Rolle der USA

Wenn der Internationale Strafgerichtshof (ICC), wie es sich jetzt abzeichnet, etwa ab Sommer 2003 in Den Haag seine Arbeit aufnehmen kann, wird er für die Ahndung von Verbrechen etwa dieser Sorte zuständig sein: Soldaten bringen im Feindesland auf brutale Weise Zivilisten um; Führer militärischer Gruppen oder paramilitärischer Banden stacheln zu ethnischen Morden an und führen sie durch; Terroristen bringen Geiseln um. Die Voraussetzung dafür, dass er zuständig wird, sind genauestens geregelt.

Wenn der Internationale Strafgerichtshof (ICC), wie es sich jetzt abzeichnet, etwa ab Sommer 2003 in Den Haag seine Arbeit aufnehmen kann, wird er für die Ahndung von Verbrechen etwa dieser Sorte zuständig sein: Soldaten bringen im Feindesland auf brutale Weise Zivilisten um; Führer militärischer Gruppen oder paramilitärischer Banden stacheln zu ethnischen Morden an und führen sie durch; Terroristen bringen Geiseln um. Die Voraussetzung dafür, dass er zuständig wird, sind genauestens geregelt. Nachdem der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag als eines der Hauptorgane der UN (seit 1945) zuständig ist für die Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten und das Jugoslawien-Tribunal ja nur auf einen Staat bezogen ist, wird jetzt eine entscheidende Lücke gefüllt. "Das Römische Statut bekräftigt den Grundsatz individueller strafrechtlicher Verantwortlichkeit als Leitprinzip einer auf Frieden und Gerechtigkeit basierenden Weltordnung", schrieb der Diplomat Hans-Peter Kaul, der auf deutscher Seite maßgeblich an der Geburt des ICC beteiligt war, jüngst in einer Denkschrift. Milosevic oder die Terroristen des 11. September wären klassische Kandidaten für den ICC gewesen - er wird aber nur für Straftaten zuständig sein, die nach dem 1. Juli 2002 begangen werden.

Ein vorläufiges Gebäude in Den Haag ist bereits gefunden, idealerweise nur 200 Meter vom Jugoslawien-Tribunal entfernt. "Diese räumliche Nähe wird einen enormen Expertisefluss ermöglichen, wovon die Mitarbeiter des ICC gewaltig profitieren werden", so ein deutsches Delegationsmitglied. Der moderne Bürokomplex bietet Platz für etwa 450 Mitarbeiter, anfangen werde man mit etwa hundert. Die Gesamtkosten für den geplanten Neubau werden sich auf etwa 400 Millionen Dollar belaufen, zu tragen von den Vertragsstaaten. 18 Richter wird der ICC beschäftigen. Jeder Vertragsstaat kann einen Richter vorschlagen, die Staatenversammlung wählt dann so, dass alle Regionen angemessen repräsentiert sind. Auch der Chefankläger und seine Stellvertreter werden gewählt. Hochqualifizierte Juristen, Mitarbeiter für Presseabteilung, Archiv, dazu Dolmetscher, Sicherheitsleute und andere machen das Personal aus. Entsprechend seinem hohen Finanzierungsanteil ist Deutschland berechtigt, etwa 20 Prozent der Bediensteten zu stellen.

Nach vorläufigen Berechnungen wird der Gesamthaushalt des neuen Strafgerichtshofes im ersten Jahr seines Bestehens etwa 10 bis 15 Millionen Euro umfassen, später zunehmend mehr. Auf Deutschland als Hauptzahler - die USA und Japan sind nicht mit an Bord - dürften im ersten Jahr Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro zukommen. "Deutschland wird beim ICC die Rolle der USA einnehmen - es ist hier die Supermacht", sagt denn auch William Pace in New York, als Führer der "Coalition for an International Criminal Court", einem Netzwerk mit mehr als tausend internationalen Organisationen, der einflussreichste Lobbyist der Einrichtung. Es sei eine entscheidende neue Erfahrung für die Welt, dass so bedeutende Dinge auch ohne die USA gingen.

Pace erwartet, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahre alle übrigen Demokratien der Welt beitreten. Es sei unverständlich, "dass ausgerechnet die Amerikaner nicht erkennen, dass dies ein ausgezeichnetes Instrument für die Terrorismusbekämpfung ist", bemerkt er zur Haltung der USA. Den Widerstand insbesondere bei Senat und Pentagon interpretiert er als "Machtfrage". "Die Supermacht USA will sich nicht einer Institution unterwerfen, die sie nicht selber kontrollieren kann, das ist alles." Denn das immer wieder vorgebrachte Argument, sie fürchteten, "irgendwann könne ein amerikanischer Soldat vor den Richter eines Schurkenstaaes gezerrt werden", sei "Blödsinn auf Stelzen". Deutschland habe seit sieben Jahren beharrlich zum Erfolg beigetragen. "Es hat unterwegs ungefähr tausend Möglichkeiten gegeben, vom Weg abzukommen - dank Deutschland ist das nicht passiert", sagt Pace. Und dem entspricht, was ein um den ICC verdienter deutscher Diplomat sagt: "Wir haben den Karren viele hundertmal aus dem Dreck gezogen."

Barbara-Maria Vahl

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