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Politik: In der Türkei wird die Entscheidung zum Panzergeschäft begrüßt - die "Fischer-Hürde" sei überwunden

Auch ein 55 Tonnen schwerer Kampfpanzer kann als feinsinnige diplomatische Geste verstanden werden. Als wichtige Entscheidung zur weiteren Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen wertet die Öffentlichkeit in der Türkei den Beschluss der Bundesregierung, Ankara einen Leopard-II-Panzer für Testzwecke zur Verfügung zu stellen.

Auch ein 55 Tonnen schwerer Kampfpanzer kann als feinsinnige diplomatische Geste verstanden werden. Als wichtige Entscheidung zur weiteren Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen wertet die Öffentlichkeit in der Türkei den Beschluss der Bundesregierung, Ankara einen Leopard-II-Panzer für Testzwecke zur Verfügung zu stellen. "Zuerst machte es sich die deutsche Bundesregierung zur Aufgabe, die Türkei an die Europäische Union heranzuführen", lobte die türkische Zeitung "Sabah" am Donnerstag, "und nun hat die Bundesregierung das Waffenembargo durchlöchert und damit in Ankara Frühlingsgefühle geweckt."

Auch andere Zeitungen beschäftigten sich am Donnerstag nach der Entscheidung des Bundessicherheitsrates für die Entsendung eines "Probe-Panzers" mit der Aufhebung des deutschen "Embargos". Begonnen habe die Liefersperre im Jahr 1992, als die Deutschen den Türken unterstellt hätten, Panzer im Kampf gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) einzusetzen, rekapitulierte das nationalistische Massenblatt "Hürriyet". Diese Phase sei jetzt überwunden.

Aufmerksam registrieren die Türken aber den Widerstand von Bundesaußenminister Joschka Fischer gegen den Handel. Der Minister, der sich den Ruf eines Freundes der Türkei erworben hat, sei wegen des Kurdenproblems gegen das Geschäft, hieß es in "Sabah". Doch Fischer habe sich nicht durchsetzen können: "Die Fischer-Hürde wurde überwunden", berichtete die islamistische Zeitung "Yeni Safak".

Dabei steht nach Ansicht türkischer Beobachter keinesfalls fest, dass der deutsche Leopard das Rennen machen wird. Der amerikanische Konkurrent von General Motors, der Abrams-Panzer, habe die Nase vorn, heißt es. Der geplante Kauf von 1000 Kampfpanzern ist eines der wichtigsten Projekte für die türkische Armee seit Jahren, denn die Türkei ist dabei, ihre Streitkräfte grundlegend zu modernisieren. In dem Beschaffungsprogramm, das ein Volumen von umgerechnet mehr als 30 Milliarden Mark hat, stellen die mehr als zwölf Milliarden Mark für neue Kampfpanzer den mit Abstand dicksten Brocken dar.

Auf der Suche nach einem geeigneten neuen Panzer haben die türkischen Generäle in monatelangen Beratungen fünf Modelle aus Deutschland, den USA, Frankreich, Italien und der Ukraine als Favoriten ermittelt. Nun wollen die Türken Einzelstücke dieser fünf Panzertypen testen und danach entscheiden, wer den Zuschlag erhält. Der Bau der Panzer soll im Rahmen eines Joint Ventures über einen Zeitraum von 15 Jahren bewerkstelligt werden.

Deutsche Waffenlieferungen an die Türkei sind schon lange ein heißes Eisen. 1992 trat der damalige Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg (CDU) wegen einer ungenehmigten Lieferung von Leopard-I-Panzern an die Türkei zurück. Dennoch gibt es auch seither einen regen Handel. Erst im vergangenen Jahr gab es Proteste der damals noch oppositionellen deutschen Grünen gegen eine Vereinbarung zum Bau von vier U-Booten durch die Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW), in diesem Sommer wurde eine deutsch-türkische Vereinbarung über den Bau von sechs Minensuch-Booten für die türkische Marine unterzeichnet.

Gegner des Waffenhandels werfen Ankara vor, deutsches Kriegsgerät aus Beständen der früheren Nationalen Volksarmee der DDR gegen kurdische Rebellen und Zivilisten eingesetzt zu haben. Schwere Kampfpanzer wie der Leopard-II werden im Krieg gegen die PKK nicht sehr häufig eingesetzt, allerdings benutzt die türkische Armee Kampfpanzer hin und wieder bei ihren Operationen gegen die PKK im Norden Iraks.

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