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Politik: In Position gebracht

Viktor Lukaschenko, ältester Sohn des weißrussischen Diktators, soll einmal seinem Vater nachfolgen

Demokratische Fortschritte in Weißrussland, heißt es in einer am Donnerstag verabschiedeten Resolution des Europarates, seien ohne aktive Unterstützung Russlands nicht möglich. Russische Delegierte enthielten sich bei der Abstimmung oder votierten mit Nein. Denn die Botschaft ist eindeutig: Der Kreml soll seinen Einfluss auf Präsident Alexander Lukaschenko geltend machen und diesen zu Neuwahlen zwingen, wie sie auch die Opposition in Minsk verlangt.

Russland, das im Mai den Vorsitz in der Außenministerrunde des Europarats übernimmt, hat nun ein Problem. Steht Präsident Wladimir Putin fest zu Europas letztem Diktator, tritt er damit womöglich eine Diskussion zu eigenen Demokratiedefiziten und über die Nichterfüllung von Verpflichtungen los, welche Moskau eigentlich beim Beitritt zum Europarat im Jahr 1996 eingegangen hatte. Beugt der Kreml sich dagegen dem Druck des Westens, droht der Bruch mit Lukaschenko. Das aber würde das Ende von Projekten wie dem eines russisch-weißrussischen Unionsstaates oder eines gemeinsamen Wirtschaftsraums bedeuten, den beide Länder mit Kasachstan und ursprünglich auch mit der Ukraine auf den Weg bringen wollten. Lukaschenko, der beide Vorhaben wiederholt als Argumentationshilfe gegenüber Putin einsetzte, hat darüber hinaus in Moskau jetzt weiteren Verdruss ausgelöst. Er entwickelt offenbar Pläne für eine dynastische Erbfolge – und damit wäre in der Tat kein Ende der Ära Lukaschenko abzusehen.

Die Schlüsselrolle soll Viktor zufallen, dem älteren der beiden Söhne Lukaschenkos. Er wird im Jahr 2011 kurz vor den nächsten Präsidentenwahlen 35, das von der Verfassung vorgeschriebene Mindestalter für Kandidaten. Mit strengem Blick und Schnurrbart wie Lukaschenko selbst begleitet der Sohn den Vater bereits auf vielen Veranstaltungen. Bis Februar 2005 arbeitete er in leitender Position in der Exportabteilung des Rüstungskonzerns „Agat“. Als die Firma wegen einiger Waffenlieferungen kritisiert wurde, beförderte Lukaschenko den Sohn zum persönlichen Sicherheitsberater. Ein Amt, das damals eigens für den 29-Jährigen geschaffen wurde und diesen praktisch zum Oberaufseher der Streitkräfte macht.

Die Opposition behauptet, dass Pläne zum Einsatz von Gewalt gegen Regimegegner bei den Protesten wegen Wahlfälschung Ende März unter seiner Führung entstanden seien. Zudem heißt es, Lukaschenko sei durch die Unruhen politisch wie gesundheitlich schwerer angeschlagen, als er wahrhaben will, und könnte zu vorgezogenen Neuwahlen gezwungen sein. Eine Regierungsumbildung solle Viktor daher jetzt helfen, in der staatlichen Hierarchie rasch aufzusteigen. Mit ähnlichen Details und Forderungen, die Vetternwirtschaft zu beenden, hatte Oppositionsführer Alexander Kosulin Lukaschenko schon im Wahlkampf in Verlegenheit gebracht. Darin sieht die Opposition den eigentlichen Grund dafür, dass Kosulin, der als Rädelsführer von Massenprotesten nach der Wahl verhaftet wurde, anders als seine Mitstreiter nach wie vor in Haft ist.

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