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Politik: In Reserve

Olaf Scholz kann nicht alles – aber er könnte Eichel folgen

Tagsüber sitzt Olaf Scholz im Zug, auf dem Weg von Termin zu Termin, der letzte in Hannover, beim Bundeskanzler und SPD-Chef. Sein letzter als Generalsekretär der Partei? Die kritischen Stimmen sind inzwischen deutlich lauter als die, die ihn verteidigen; und ihre Wirkung wird verstärkt durch das Forum, das sie wählen: die „Bild“-Zeitung.

So richtig erklären kann sich der Generalsekretär die Anwürfe vor allem vom rechten Flügel der SPD nicht. Die „Seeheimer“ haben ihn aufs Korn genommen. Deren Sprecher, der Abgeordnete Reinhold Robbe, findet, dass der Kollege Scholz seiner Aufgabe nicht erfolgreich genug nachkommt, den Reformkurs in die Partei hinein zu vermitteln. Scholz führt dagegen an, dass aus der Zentrale täglich Hintergrund- und Begleitmaterial „hinausgeschaufelt“ wird, um die Debatte im Sinne des Bundeskanzlers zu beeinflussen. Und geht er nicht, wegen der eigenen Breitenwirkung, jetzt in jede erreichbare Fernsehsendung?

Aber auch im Kanzleramt macht sich inzwischen leise Unzufriedenheit breit. Hatte Scholz nicht gesagt, er sei der „Parteichef des Alltags“? Wenn nicht sprühender Ideengeber, so muss er doch „Frühwarnsystem“ sein, und an diesen Worten gemessen bleibt der 44-Jährige unter seinen Möglichkeiten, wird berichtet. Trotzdem hält der Kanzler selbst Scholz im Großen und Ganzen für durchaus fähig. Obgleich auf Dauer nicht unbedingt im Generalsekretärsamt. Die Monate als Innensenator in Hamburg haben sich Schröder eingeprägt: Da galt Scholz, der auch die Landes-SPD führt, schnell als mutig und entschlossen.

Scholz als Bürgermeisterkandidat gegen Ole von Beust im Herbst 2005? So war es bisher vorgesehen. Und bis dahin kommt Scholz, der Anwalt ist und etwas von Arbeit und Steuern versteht, als Eichel-Reserve in Betracht. Über den Finanzminister hat sich auch Schröder schon mal lautstark im Präsidium erregt, so dass manche dachten, Eichels Zeit könne bald zu Ende gehen. Dessen Ressort zu führen, wird Scholz zugetraut.

Nur nicht jetzt, da der Druck von außen so groß ist und auch noch über die „Bild“-Zeitung ausgeübt wird. Franz Müntefering, der Vorgänger, dessen Namen Scholz in seiner als schwach empfundenen Antrittsrede vor ein paar Monaten als Synonym für „Generalsekretär“ bezeichnete, versucht nun erst einmal, in der Fraktion herauszufinden, was die „Seeheimer“ bei ihren Angriffen treibt. Er will (wie Schröder) wissen, ob es mehr ist als Angst um die Reformen. Auch davon hängt Scholz’ Zukunft ab.

Für seinen Posten als Generalsekretär wird der knapp gleichaltrige Sigmar Gabriel genannt. Dieser Vertreter der Abteilung Attacke findet auch, dass die Reformen besser erklärt werden könnten.

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