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Politik: In Tschad lässt der Diktator wählen

Kapstadt - Der Vertreibungskrieg in der westsudanesischen Provinz Darfur hinterlässt auch im Nachbarstaat Tschad Spuren. Am Mittwoch findet die Wahl des Staatspräsidenten statt.

Kapstadt - Der Vertreibungskrieg in der westsudanesischen Provinz Darfur hinterlässt auch im Nachbarstaat Tschad Spuren. Am Mittwoch findet die Wahl des Staatspräsidenten statt. Zwar hat der Wüstenstaat mit seinen rund 200 Volksgruppen unter dem seit 16 Jahren regierenden Staatschef Idriss Deby zu einer brüchigen Stabilität gefunden. Gleichwohl hält sich sein zunehmend isoliertes Regime nur mit Hilfe der früheren Kolonialmacht Frankreich am Ruder, die dort strategische Interessen verfolgt. Hinter Deby und seiner erwarteten Wiederwahl stehen aber auch die USA. Weder Frankreich noch die USA haben ein Interesse daran, dass Deby durch eine von Sudan unterstützte und tief in sich zerstrittene Rebellenarmee gestürzt wird. Im Westen wird befürchtet, dass Tschad ohne den mit eiserner Faust herrschenden Deby in die Hand rivalisierender Rebellenführer und Clans fallen und zu einem zweiten Somalia werden könnte.

Als wenig hilfreich hat sich erwiesen, dass der 54-jährige Deby alle wichtigen Posten in Staat und Armee mit Angehörigen seiner Zaghawa-Volksgruppe besetzt hat – einer Minderheit, deren Siedlungsgebiet sich vom Osten Tschads bis tief nach Darfur erstreckt. Angesichts enger ethnischen Verflechtung hat sich der Konflikt in Westsudan immer weiter nach Tschad ausgebreitet – und zu einem Stellvertreterkrieg ausgewachsen: Während Darfur als Rückzugsgebiet für tschadische Dissidenten dient, hat Tschad Zaghawa-Rebellen in Darfur im Kampf gegen das Regime in Khartum unterstützt.

Seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1960 ist das Land von mehreren Militärdiktatoren systematisch ruiniert worden. „Das Land wird nicht regiert, sondern allenfalls notdürftig zusammengehalten“, sagt ein westlicher Diplomat. Schon deshalb ist kaum damit zu rechnen, dass Deby, der sich 1990 mit französischer und sudanesischer Hilfe an die Macht putschte, die Wahl verlieren könnte.

Der bewaffnete Widerstand, der sich in der „Einheitsfront für Demokratischen Wandel“ (FUC) bündelt und aus Darfur operiert, hatte erst vor kurzem einen erfolglosen Versuch unternommen, Deby noch vor den Wahlen zu stürzen. Deby hat Sudan wiederholt bezichtigt, die Aufständischen zu unterstützen – und deshalb alle Beziehungen zu Khartum abgebrochen. Auch westliche Diplomaten vermuten, dass Sudan die ethnischen Spannungen für eigene Zwecke ausnutzt.

Offensichtlich spielen die in der Region gemachten Erdölfunde zwar nicht die einzige, aber eine wichtige Rolle in dem neu ausgebrochenen Verteilungskampf. Ende des vergangenen Jahres kam es zu einem heftigen Streit mit der Weltbank um die Verwendung der Öleinnahmen. Diese hatte das insgesamt 3,7 Milliarden Dollar teure Pipelineprojekt zur Vermarktung des Öls erst ermöglicht, aber ihre Unterstützung an eine transparente Verwendung der Erlöse geknüpft – vor allem an das Versprechen Tschads, einen Großteil des Geldes in den Bau von Schulen und Kliniken zu stecken. Die Vereinbarung war jedoch von Tschad gebrochen worden. Die Weltbank blockierte daraufhin die auf ein Londoner Sperrkonto eingezahlten Öleinkünfte. Vergangene Woche einigten sich Tschad und Weltbank auf eine vorläufige Lösung: Demnach verpflichtet sich Tschad, fortan 70 Prozent der Erlöse in die Armutsbekämpfung zu stecken. Zunächst waren dafür 90 Prozent vorgesehen.

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