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Politik: In Turbulenzen

Kurt Biedenkopf will nicht umgehend zurücktreten. Aber einen Rücktritt vor der bislang ins Auge gefassten Marke - "Ende 2002/Anfang 2003" - schließt er nicht mehr aus.

Kurt Biedenkopf will nicht umgehend zurücktreten. Aber einen Rücktritt vor der bislang ins Auge gefassten Marke - "Ende 2002/Anfang 2003" - schließt er nicht mehr aus. Er wolle einen "geregelten Übergang" im Amt des Ministerpräsidenten, sagte er am Freitag in Dresden. Über seinen Nachfolger entschieden Partei und Fraktion, er aber bestimme den Zeitpunkt der Übergabe. "Das kann bedeuten: auch vor der Bundestagswahl", sagte der 71-jährige CDU-Politiker.

Doch die Zeit könnte für Biedenkopf lang werden. Denn er hat sich derzeit gleich an zwei Fronten zu verteidigen. Im Landtag ging es am Freitag einmal mehr um den Vorwurf der Opposition, Biedenkopf habe bei einer Vernehmung vor dem so genannten Paunsdorf-Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt. SPD und PDS fordern deshalb seinen Rücktritt. Der Hintergrund: Biedenkopf soll bei einer Investiton für eine Behördenzentrum in Leipzig-Paunsdorf dem Investor, seinem Freund Heinz Barth, zu günstigen Mietkonditionen verholfen haben. Mit langen Zitaten aus den Aussageprotokollen versuchte Biedenkopf im Ladtag nachzuweisen, dass er nicht falsch ausgesagt habe. "Skandalös" nannte er es, dass die SPD-Fraktion auf Grundlage eines einzigen Briefes aus den Ausschussakten ihren einstimmigen Beschluss zu einer Rücktrittsaufforderung gefasst hat.

An einer zweiten Front muss sich Biedenkopf mit kleinen Skandalgeschichtchen auseinandersetzen, die in den letzten Tagen bekannt geworden waren: Käufe mit Rabatt bei Ikea und Karstadt. Das sei keineswegs deshalb gewesen, um sich zu bereichern, sagt er. Vielmehr sei jede gesparte Mark sozialen Zwecken zu Gute gekommen. Seine Frau Ingrid habe wegen der von ihr übernommenen sozialen Verpflichtungen Ausgaben von jährlich bis zu 20 000 Mark. Deshalb frage sie bei Einkäufen, ob es die Möglichkeit eines Rabattes gebe, und sie werde das auch weiterhin tun.

Allerdings hatten gerade diese Rabatteinkäufe in der Fraktion für Unmut gesorgt, was dazu führte, dass der Nachfolgekampf wieder in voller Härte entbrannte. In einer Fraktionssitzung hatten erstmals vier Abgeordnete, die dem Lager des Parteichefs und Hauptwidersachers Georg Milbradt zugerechnet werden, den Rücktritt gefordert. Der bislang stets selbstbewusst sich verteidigende Biedenkopf sprach am Freitag erstmals davon, "in Turbulenzen" zu stecken.

Ralf Hübner

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