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Indienexperte: "Es wird weitere Anschläge geben"

"Der Anschlag spiegelt den Machtkampf zwischen Regierung und islamistischen Elementen", sagt Indienexperte Christian Wagner. Es könne vor den Wahlen zu weiteren Unruhen kommen, meint er.

Herr Wagner, wie groß ist die Gefahr, dass der Streit zwischen den Atommächten Indien und Pakistan nach der Terrorserie in Bombay eskaliert?



Es wird zu einer diplomatischen Krise kommen. In Indien finden nächstes Jahr Wahlen statt. Das Thema innere Sicherheit spielt dabei eine große Rolle. Die Regierung muss also energisch auftreten, will sie der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen. In Pakistan spiegelt der Anschlag einen Machtkampf zwischen der Regierung und den islamistischen Elementen, die es in Teilen des Geheimdienstes und der Streitkräfte vermutlich immer noch gibt.

Mit Schlimmerem ist nicht zu rechnen?


Es wird keine Krise wie 2002 geben, als beide Staaten am Rande eines Krieges standen. Die indisch-pakistanischen Beziehungen sind heute keine Geisel mehr des Kaschmirkonflikts, beide Staaten haben ihre wirtschaft liche Zusammenarbeit ausgeweitet, es gibt eine Reihe vertrauensbildender Maßnahmen.

In Pakistan gibt es viele Ausbildungs lager für militante Islamisten. Muss der Westen seine Politik gegenüber Pakistan als vermeintlichem Alliierten im Kampf gegen den Terror überdenken?

Der Anschlag macht deutlich, wie notwendig es ist, dass Pakistan die Verfolgung der Islamisten im eigenen Land ernst nimmt und noch intensiviert. Gruppen wie Lashkar-e-Toiba, die als Drahtzieher der Anschläge gelten, sind in Pakistan verboten. Aber deren Anführer treten immer wieder öffentlich auf.

Wie wird sich in Indien selbst das Verhältnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen entwickeln?

Es könnte Demonstrationen und Unruhen von hindu-nationalistischen Gruppen geben, die sich an den Muslimen rächen wollen. Ich gehe davon aus, dass es bis zu den Wahlen zu weiteren kleineren Anschlägen kommt.

Christian Wagner ist Indienexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Das Gespräch führte Michael Schmidt.

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