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Transparente Strukturen. Bei Infrastrukturprojekten sollten laut einer Bertelsmann-Studie zukünftig immer die Bürger beteiligt werden.

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Exklusiv

Infrastruktur und Transparenz: Straßenbau in Bürgerhand

Bis dato bekommen Bürger die Details von großen Infrastrukturprojekten erst zu sehen, wenn die eigentlich schon fertig geplant sind. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung fordert nun mehr Transparenz und Beteiligung in Planungsverfahren. Für Experten ist der Schritt überfällig.

Berlin - Anna Renkamps Vision klingt reizvoll. Ein behörden- und länderübergreifendes „Online-Informationssystem“ stellt sich die Verantwortliche der Studie „Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung“ vor, die die Bertelsmann-Stiftung am heutigen Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert. Dort sollen Informationen über alle großen Infrastrukturprojekte wie Straßen- und Bahntrassen zu finden sein – laiengerecht aufbereitet, so dass jeder sich mit der Eingabe der Postleitzahl über den Stand der Planung von Projekten vor seiner Haustür sowie Möglichkeiten der Beteiligung und des Widerspruchs informieren kann. Dem wachsenden Wunsch nach Information und Teilhabe könne man so zumindest in Ansätzen gerecht werden.

Dass dieser Wunsch existiert, zeigt eine ebenfalls von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebene Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Emnid. Demnach fühlen sich 48 Prozent der 1003 telefonisch Befragten schlecht oder „eher schlecht“ über Infrastrukturmaßnahmen informiert. Dabei gilt: Je größer der Wohnort, desto schlechter wird der Kenntnisstand eingeschätzt. In Berlin geben 36 Prozent an, sie seien „schlecht“ informiert – ein Tiefstwert.

Anlass der Analysen ist die geplante Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015, auf den die Studie einwirken will. Für das Bundesministerium für Verkehr ist diese Überarbeitung seiner Groß- und Gesamtplanung allerdings schon Anlass, künftig mehr Öffentlichkeitsbeteiligung zuzulassen. Die Zeiten, in denen Bürger erst mit der Veröffentlichung der fertigen Planfeststellungsunterlagen von Details großer Projekte erfuhren, scheinen damit zumindest auf Bundesebene bald vorbei. Geplant ist, bei der Erarbeitung des Plans bereits in Konzept- und Prognosephase die Referentenentwürfe auf einer Internetseite zugänglich zu machen – von der in der Bertelsmann-Studie geforderten laiengerechten Aufbereitung ist hier freilich nicht die Rede. Doch immerhin: Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt sollen Bürger die Möglichkeit für Einwendungen haben.

Für Experten sind derartige Maßnahmen überfällig: „Man hat lange so getan, als könne man von oben herab Bedarfe festlegen“, sagt Christian von Hirschhausen, Infrastrukturexperte der TU Berlin. Die Erfahrungen um den Bahnhof Stuttgart 21 oder den Hauptstadtflughafen BER hätten jedoch gezeigt, dass genau das nicht mehr funktioniere. „Die Zeiten, in denen man erst im letzten Schritt gefragt hat, wie viele Spuren die Autobahn denn haben soll, sind vorbei.“ Dass die Projektverantwortlichen nur davon profitieren können, wenn sie mit Planungen offen umgehen, glaubt auch Anna Renkamp. Die Blockadehaltung direkt von einem Projekt Betroffener fürchtet sie dabei nicht. Im Gegenteil: Transparenz und Beteiligung böten die Möglichkeit, deren Einwände früh zu diskutieren – und im Zweifel zu entkräften.Johannes Schneider

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