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Nur für In- oder auch für Ausländer? Bundesstraßen oder Autobahnen? EU-konform oder konfrontativ? Die Pkw-Maut kommt in Deutschland als Überraschungstüte daher.

© dpa

Infrastrukturabgabe: Dobrindts finales Mautkonzept soll 500 Millionen bringen

Nach Tagesspiegel-Informationen soll die neue Pkw-Maut jährlich 500 Millionen Euro bringen. Zahlungspflichtig sind sowohl Autobahnen als auch Bundesstraßen. Willkommen im Zeitalter der elektronischen Vignette.

Von Robert Birnbaum

Die Pkw-Maut auf Autobahnen soll nach Berechnungen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) rund 500 Millionen Euro im Jahr zusätzlich in die Staatskasse bringen. Das ergibt sich nach Informationen des Tagesspiegel aus dem Gesetzentwurf, den Dobrindt am Donnerstag zur Abstimmung an die anderen Ministerien gibt. Die nach Schadstoffklassen gestaffelte Maut soll pro Jahr maximal 130 Euro betragen. Deutschen Autofahrern sollen keine Mehrkosten entstehen, weil die Kraftfahrzeugsteuer um den gleichen Betrag gesenkt wird. Besitzer besonders umweltfreundlicher Autos nach der Euro-6-Norm würden sogar leicht entlastet. Ausländer können sich für kurze Reisen in Deutschland auch eine Vignette für zwei Monate oder zehn Tage kaufen. Sie sollen unabhängig von der Schadstoffklasse des Autos 22 beziehungsweise zehn Euro kosten. Die Maut soll prinzipiell für alle Autobahnen und Bundesstraßen gelten, ausländische Pkw-Fahrer zahlen allerdings nur für die Nutzung von Autobahnen.

Dobrindt musste diese Konstruktion wählen, um sich die Zustimmung der großen CDU-Landesverbände NRW, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zu sichern, die aus Sorge um den grenznahen "kleinen Grenzverkehr" mit Ablehnung gedroht hatten. Ausländer können dadurch wie bisher mautfrei auch auf Bundesstraßen nach Deutschland fahren. Zugleich ist sichergestellt, dass Bundesbürger sich nicht aus der Mautpflicht mit dem Argument herausklagen können, sie benutzten gar keine Autobahnen. Da ihre Kfz-Steuer trotzdem gleichzeitig gesunken wäre, hätte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit der Maut dann ein Minus-Geschäft gemacht. Seinen Plan, alle Straßen mautpflichtig zu machen, musste der CSU-Minister unter dem Druck der CDU-Landesverbände fallen lassen. Dadurch fallen die prognostizierten Einnahmen um netto rund 100 Millionen Euro niedriger aus als in seinem ursprünglichen Modell.

Der Aufbau des Systems soll 300, der jährlich Betrieb 200 Millionen kosten

Für die Maut soll es nach dem Plan keine Papier-Vignette geben, sondern ein elektronisches Erfassungssystem, bei dem die Nummernschilder als "elektronische Vignette" dienen. Für den Aufbau dieses Systems und die Kontrolle rechnet Dobrindt mit Anschubkosten von rund 300 Millionen Euro, die jährlichen Systemkosten sollen bei knapp 200 Millionen Euro liegen. Deutsche Autobesitzer bekommen den Zahlungsbescheid automatisch mit dem Kfz-Steuerbescheid. Ausländer können die Maut im Internet oder an grenznahen Tankstellen errichten. Bei Verstößen gegen die Mautpflicht droht ihnen ein Bußgeld von bis zu 260 Euro im Wiederholungsfall. Verwaltung und Kontrolle werden beim Kraftfahrbundesamt in Flensburg und beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) angesiedelt, das bereits die Lkw-Maut kontrolliert. Dafür werden in beiden Behörden 400 beziehungsweise 75 neue Stellen geschaffen. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen.

Offen ist aber nach wie vor, ob die Maut-Pläne mit Europarecht vereinbar sind. Der scheidende EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hat sich zwar zuletzt zuversichtlich geäußert, dass Dobrindt Sorgen vor einer Diskriminierung von EU-Ausländern ausräumen kann. Die Entscheidung muss aber seine Nachfolgerin treffen. In einem Gutachten für das Verkehrsministerium kommt der Bonner Verwaltungsrechtler Christian Hillgruber zu dem Schluss, dass der Gesetzentwurf Ausländer nicht diskriminiert, weil die Bundesbürger durch die hierzulande erhobene Kfz-Steuer weitaus stärker zur Nutzerfinanzierung des deutschen Straßennetzes herangezogen würden als EU-Ausländer.

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