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Politik: Innenminister bekräftigt Zweifel an Anerkennungsverfahren: Nur drei Prozent der Flüchtlinge seien asylwürdig

Im Koalitionsstreit um das Asylrecht hat Bundesinnenminister Otto Schily seine Kritik an der derzeitigen Rechtslage bekräftigt. Es müsse geprüft werden, "ob die Zielgenauigkeit von Asylentscheidungen mit unserem System noch gewährleistet ist", sagte Schily der "Berliner Zeitung".

Im Koalitionsstreit um das Asylrecht hat Bundesinnenminister Otto Schily seine Kritik an der derzeitigen Rechtslage bekräftigt. Es müsse geprüft werden, "ob die Zielgenauigkeit von Asylentscheidungen mit unserem System noch gewährleistet ist", sagte Schily der "Berliner Zeitung". Nur drei Prozent der 100 000 jährlich nach Deutschland kommenden Flüchtlinge seien asylwürdig. "Der Rest sind Wirtschaftsflüchtlinge." Schily, der sich in Ankara aufhielt, wies Kritik der Grünen zurück, er wolle mit einem europäischen Asylrecht den individuellen Rechtsanspruch im Grundgesetz aufgeben. "Wir sollten uns nicht durch ideologische Vorurteile den Blick auf die Realität versperren." Union und FDP kritisierten die rot-grüne Asylpolitik. Pro Asyl warf Schily vor, in Ankara "als Nebenaußenminister auf unsicherem Boden zu agieren".

Unterdessen kritisierte Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann die Vereinbarung zwischen Ankara und Bonn von 1995, wonach abgeschobenen Kurden keine menschenrechtswidrige Behandlung drohe, als "völkerrechtswidrige Umgehung des Flüchtlingsschutzes". Dem liege ein "unverantwortliches Vertrauen in die Selbstauskunft eines potenziellen Verfolgerstaates zugrunde". Die "Süddeutsche Zeitung" hatte berichtet, Schily wolle in Ankara über eine juristische Bekräftigung und Verstärkung der umstrittenen Abschiebevereinbarungen sprechen. Gesprächsthemen waren nach offiziellen Berliner Angaben Katastrophenschutz und Polizeizusammenarbeit.

CDU/CSU-Fraktionsvize Jürgen Rüttgers lobte die "richtige Erkenntnis" von Schily, dass die Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung in Deutschland überschritten seien. Zugleich kritisierte er jedoch die Asyl- und Ausländerpolitik der rot-grünen Koalition als "widersprüchlich und konzeptionslos". Deutschland sei es selbst, das durch seine Sozialleistungen den größten Teil der Asylbewerber anziehe. "Nicht die europäischen Partner bringen das europäische Gleichgewicht durcheinander, sondern Deutschland mit seinem überaus großzügigen Asyl- und Sozialrecht."

Die frühere FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger forderte Schily auf, sich "den Luxus des Denkens zu erlauben, um nicht dem Opportunismus und Populismus zu verfallen". Die Asylbewerberzahlen seien rückläufig, die Leistungen gesenkt worden. Die Bürgerkriegsflüchtlinge kehrten zunehmend freiwillig zurück. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur Türkei spreche eine klare Sprache.

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