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Innenminister-Konferenz: Streit um Bleiberecht für Flüchtlingskinder

Bundesinnenminister Otto Schilys Vorstoß für ein Bleiberecht für integrierte Flüchtlingskinder ist auf der Innenminister-Konferenz von den Unions-Landeschefs heftig kritisiert worden. Schily hatte gestern vorgeschlagen, Kindern, die in ihrem Heimatland keine Perspektiven hätten, ein Aufenthaltsrecht zu genehmigen.

Stuttgart (24.06.2005, 17:01 Uhr) - Zwischen Bundesregierung und unionsgeführten Ländern ist ein heftiger Streit über Bleiberechtsregelungen für ausländische Kinder und Jugendliche entbrannt.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) kritisierte Vorschläge von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) ungewöhnlich scharf. Schilys Vorstoß für eine dauerhaftes Bleiberecht von Flüchtlingskindern bezeichnet Beckstein am Freitag bei der Innenminister-Konferenz (IMK) in Stuttgart als «Konfrontation eines Zentralisten», der die Länder nicht ernst nehme. Er halte es auch nicht für sinnvoll, wenn die Länder-Innenminister von Vorschlägen aus Berlin überfallen würden. Solche Vorstöße seien der Zusammenarbeit nicht nützlich.

Schily sagte, grundsätzlich müsse an der Ausreisepflicht festgehalten werden. Bei Kindern und Jugendlichen aber, die sich in Deutschland im täglichen Leben wie in der Schule integriert hätten, müsse überprüft werden, ob sie überhaupt Perspektiven in ihrem Heimatland haben. Falls dies nicht der Fall sei, halte er ein Aufenthaltrecht für notwendig. Dem Vernehmen nach gab es über diesen Punkt einen scharfen Disput bei der IMK-Sitzung in Stuttgart.

Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kritisierte die ablehnende Haltung einiger unionsgeführter Länder, darunter Bayern. Diese hätten Schilys Vorschlag aus rein wahltaktischen Überlegungen abgelehnt. «Sie wollten sich durch humanitäre Akte nicht die Wahlchancen verringern», sagte Körting am Freitag nach der Abstimmung in einem dpa-Gespräch.

Körting kündigte an, er werde das Thema in einem halben Jahr wieder auf der Konferenz einbringen. «Steter Tropfen höhlt den Stein», sagte der Senator.

Auch Grünen-Chefin Claudia Roth griff die Haltung der Länder scharf an. «Wer heute von Integration redet und dann eine Regelung für Jugendliche und Kinder verweigert, die hier integriert und ohne Bezug zu den Herkunftsländern ihrer Eltern sind, der soll aufhören von Integration zu sprechen, wenn er Ausgrenzung meint», sagte sie der dpa.

Schily hatte am Vortag den Innenministern vorgeschlagen, Kindern und Jugendlichen, die seit langem in Deutschland leben und integriert sind, «ein Bleiberecht im Sinne einer generellen Härtefallregelung» zu geben. Mit einer solchen humanitären Lösung solle berücksichtigt werden, dass diese Minderjährigen hier im Lande aufgewachsen und heimisch geworden seien, «und das sie meist weder einen sprachlichen noch einen kulturellen Bezug zum Heimatland ihrer nach Deutschland eingereisten Eltern haben». Wenn aber die Eltern nach dieser Regelung mit ihren Kindern in Deutschland bleiben dürften, ändere dies nichts an ihrer ursprünglichen Ausreisepflicht.

Der Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hatte an die Innenministerkonferenz appelliert, eine dauerhafte Aufenthaltsregelung für Ausländer zu finden, die seit vielen Jahren ohne gesicherte Erlaubnis in Deutschland lebten und gut integriert seien. Besonders mit Blick auf ausländische Familien mit Kindern sei eine solche Regelung dringlich. Huber begrüßte ausdrücklich den Vorschlag von Schily in dieser Frage. (tso)

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