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Innere Sicherheit: Der Ton macht Stimmung

SPD und Opposition kritisieren Innenminister Schäuble, weil er mit Bedrohungsszenarien Panik schüre.

Berlin - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat am Sonntag offenbar die richtige Tonlage verfehlt. Zumindest war es insbesondere seine Wortwahl zur möglichen Bedrohung durch schmutzige Bomben in den Händen von Terroristen, die SPD und Opposition dem derzeit ebenso strittigen wie streitbaren Minister jetzt vorwerfen. Mit scharfen Worten rückten sie am Sonntag von Schäuble ab und warfen ihm Panikmache (SPD-Generalsekretär Hubertus Heil) und Verantwortungslosigkeit (FDP-Generalsekretär Dirk Niebel)vor.

In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ hatte Schäuble davon gesprochen, es sei „die größte Sorge aller Sicherheitskräfte“, dass „innerhalb des terroristischen Netzwerkes ein Anschlag mit nuklearem Material vorbereitet werden könnte“. Die Fachleute seien inzwischen überzeugt, dass es nur noch die Frage sei, wann ein solcher Anschlag erfolge, nicht ob. Dazu gab der Minister noch den Rat: „Es hat keinen Zweck, dass wir uns die verbleibende Zeit auch noch verderben“.

Anstatt sich „auf billige Weise öffentlich profilieren zu wollen“, kommentierte Heil die Einlassungen, „sollten sich führende Unionspolitiker endlich ihrer praktischen Verantwortung stellen. Für Sicherheit in Deutschland brauchen wir verantwortungsbewusste Politik statt profilneurotischer Dampfplauderei.“

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sagte dem Tagesspiegel: „Ich bin einigermaßen fassungslos.“ Solche Äußerungen seien „nicht nachvollziehbar“. Schäuble spreche öffentlich über Spekulationen mit gravierendem Inhalt und versehe das auch noch „mit einem lakonischen Ton“. „Das wird der Verantwortung eines Kabinettsmitglieds nicht gerecht.“ Wenn der Innenminister konkrete Hinweise habe, solle er „intern tätig werden“. Der SPD habe Schäuble bei der Besprechung in der vergangenen Woche aber nichts von derartigen Hinweisen gesagt. „Wenn er keine konkreten Hinweise hat, sollte er sich zurückhalten.“ Nach den vereitelten Anschlägen sei die Bevölkerung ohnehin verunsichert. „Es würde einem für die Sicherheit verantwortlichen Minister in dieser Situation gut anstehen, sich verantwortungsbewusst zu zeigen und nicht noch zur Verunsicherung beizutragen.“

Das Bestreben islamistischer Gefährder, nukleares Material zu bekommen, ist seit längerem bekannt. Darauf weist auch der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz hin. Warum man sie immer wieder hervorhebe, müsse der Minister selbst wissen. Er, Wiefelspütz, befürworte jetzt wieder unaufgeregtere Gespräche über konkrete Verbesserungen, insbesondere bei der Sicherheitstechnologie.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel wurde deutlicher: „Schäubles Äußerungen sind unverantwortlich. Statt den Menschen Angst und Bange zu machen, muss er für ein höchstmögliches Maß an Sicherheit sorgen, ohne unsere Freiheitsrechte den Terroristen zum Fraß vorzuwerfen. Wer Weltuntergangsszenarien an die Wand malt und gleichzeitig zu Gelassenheit aufruft, wird zu einer unkalkulierbaren Größe in der deutschen Innenpolitik.“ DerParlametarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, nannte Schäubles Worte „Töne von Götterdämmerung“. Man müsse die Sicherheitslage sehr ernst nehmen und sich tatsächlich auf alle Bedrohungsszenarien einstellen. Allerdings seien Schäubles Äußerungen „Anlass, Panik statt Besonnenheit zu befördern“. „Ich halte das für eine fahrlässige Panikmache“, kommentierte auch die Innenpolitikerin der Linken, Ulla Jelpke. Damit solle die Online-Durchsuchung durchgesetzt werden.

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