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Innere Sicherheit: Große Koalition pocht auf Gesetz zu Terrorcamps

Wer mit der Absicht eines späteren Anschlags in ein Ausbildungslager etwa radikaler Islamisten reist, soll künftig von deutschen Gerichten zu Gefängnis verurteilt werden dürfen. Ob dieses Gesetz jemals kommt, ist aber mehr als fraglich: Nicht nur im Bundestag gibt es Widerstand.

Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken pocht die große Koalition auf das geplante Gesetz zur Strafbarkeit des Aufenthalts in Terrorcamps. Der Gesetzentwurf schließe Rechtslücken und folge rechtsstaatlichen Grundsätzen, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) im Bundestag. Die Opposition kritisierte, nicht nur Verbrechen sollten bestraft werden, es gehe auch um die Gesinnung.

Die Struktur des Terrorismus habe sich im Vergleich zu den 70er Jahren verändert, sagte Zypries. Anders als bei der RAF handele es sich bei islamistischen Tätern nicht selten um Täter, die in losen Netzwerken oder allein agierten. Deshalb greife der Paragraf 129a des Strafgesetzbuchs, der die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung unter Strafe stellt, häufig nicht. Eine terroristische Vereinigung besteht erst dann, wenn der Gruppe mindestens drei Mitgliedern angehören. Hier habe das Strafrecht bisher keine Antwort gehabt, sagte Zypries.

Große Koalition ist zuversichtlich

Dem Gesetzentwurf zufolge soll zukünftig bereits jemand, der mit der Absicht eines Terroranschlags ein Ausbildungslager besucht oder Waffen kauft, mit sechs Monaten bis zehn Jahren Gefängnis bestraft werden können. Strafbar soll es auch sein, wenn jemand mit der Absicht einer terroristischen Tat Kontakt zu Terrorgruppen aufnimmt, etwa um sich über eine Terrorausbildung zu informieren.

Jedoch werde niemand "wegen seiner Überzeugung oder seiner Meinung" bestraft werden, sagte Zypries. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe habe bereits bescheinigt, dass das Gesetz "praxistauglich" sei. "Ich gehe davon aus, dass man es anwenden kann", sagte die Ministerin. Sie räumte ein, das Vorhaben sei "ein Stück weit juristisches Neuland" und verfassungsrechtlich nicht unumstritten. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Gehb (CDU), sagte, das Gesetz bedeute nicht das "Ende des Rechtsstaats".

Scheitern spätestens im Bundesrat erwartet

Die Opposition übte hingegen scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, sagte, dieser sei "verfassungsrechtlich auf Kante genäht". Es gebe keine Notwendigkeit dafür. Auch im Fall der versuchten Bombenanschläge auf Regionalzüge in Dortmund und Koblenz im Sommer 2006 hätten die bestehenden Gesetze bei der Verurteilung ausgereicht.

Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland erklärte, die große Koalition wolle "die Vorbereitung der Vorbereitung unter Strafe" stellen. "Das geht in Richtung Gesinnung." Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke sagte, es handele sich um "Gummiparagrafen". Weitere Bürgerrechte würden damit abgebaut.

Zu dem Gesetzentwurf ist im Bundestag noch eine Anhörung geplant. Danach folgen die zweite und dritte Lesung. Nach der Verabschiedung im Bundestag entscheidet der Bundesrat. Hier gibt es bereits Widerstand in Ländern, in denen FDP und Grüne mitregieren. (sf/AFP)

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