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Politik: Integration ja – Geld nein

Nach dem Zuwanderungskompromiss wird um die Details gestritten / Grüne wollen mitreden

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Die Grünen-Führung verspricht, bei der Formulierung des Zuwanderungsgesetzes ein entscheidendes Wort mitzureden. „Die Grünen werden beteiligt sein bis aufs letzte Komma und die kleinste Formulierung“, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth, dem Tagesspiegel. Vereinbart sei, dass ihre Partei allem zustimmen müsse, was der Union vorgelegt werde. „Das ist keine ehrenamtliche Mitarbeit, das ist eine professionelle Beteiligung“, sagte die ehemalige Parteichefin. Innenminister Otto Schily (SPD) hatte erklärt, die Grünen würden nur „ehrenamtlich“ mitarbeiten. Die Grünen-Basis hat Bedenken gegen das Verfahren.Regierung und Opposition hatten vereinbart, dass Schily mit seinem bayerischen Kollegen Günther Beckstein (CSU) und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) das Gesetz formuliert.

An einem Strang ziehen Schily, die SPD und die Grünen aber im Streit mit Beckstein um die Integrationskosten. Der CSU-Politiker hatte verlangt, dass der Bund auch die Kosten für bereits in Deutschland lebende Ausländer vollständig übernimmt. Wie zuvor schon Schily widersprach dem auch die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne). „Der Bund hat zugesagt, dass er die Kosten des staatlichen Grundangebots zur Integration der Neuankömmlinge übernimmt“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Deshalb dürfen die Länder sich aber nicht aus ihrer integrationspolitischen Verantwortung stehlen.“

Bisher gab es keine Regelung für Integrationskurse für Neueinwanderer und bereits in Deutschland lebende Ausländer. Künftig erhalten Neueinwanderer mit Daueraufenthalt einen Rechtsanspruch auf Integration. Im Haushalt 2004 sind bereits 170 Millionen Euro für die Kurse eingestellt. Zusätzlich will der Bund 35 Millionen Euro bereitstellen.

Den Inhalt des Kompromisses bewertete die Grünen-Politikerin Roth positiv. Zwar sei die vereinbarte Regelanfrage beim Verfassungsschutz problematisch. Wichtig sei aber, „dass endlich die Tür aufgemacht wird zu einer Modernisierung der Republik in der Arbeitsmigration“. Entscheidend sei, dass nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgung anerkannt würden. Auch habe die Opposition zugestimmt, Zuwanderern einen Rechtsanspruch auf Integration zu geben. Attacken der Union auf die Grünen wies Roth zurück: „Der Wunsch der Opposition, die Koalition an dieser Stelle auseinander zu treiben und zu suggerieren, die Grünen hätten nichts mehr zu sagen, wird nicht in Erfüllung gehen.“

Unzufrieden mit dem Kompromiss sind aber nicht nur manche Grüne, unzufrieden sind auch etliche in der Union. In der Sonderfraktionssitzung am Donnerstag hielt sich die Kritik in Grenzen, aber in der CSU-Landesgruppe kam es zum offenen Krawall. Wortführer war Partei- und Fraktionsvize Horst Seehofer, Ziel seiner Attacken Parteichef Edmund Stoiber. Stoiber habe genau gewusst, dass die CSU mehrheitlich keinen Kompromiss in der Zuwanderung mit Rot-Grün wolle – trotzdem habe er sich auf ihn eingelassen, schimpfte Seehofer. Wie man 2006 Wahlkampf machen wolle, wenn der Union auch noch dieses Thema genommen werde? Der Innenpolitiker Wolfgang Zeitlmann sekundierte, der Sozialpolitiker Johannes Singhammer kritisierte, der Bund könne die Integrationskosten aus leeren Kassen gar nicht zahlen, und forderte eine Eigenbeteiligung der Zugezogenen. Insgeheim, schätzen Teilnehmer, denkt die Mehrheit der CSU-Abgeordneten ähnlich wie Seehofer. Landesgruppenchef Michael Glos mühte sich, die Wogen zu glätten: Entschieden sei gar nichts, abschließend entschieden werde erst, wenn ein Gesetzestext vorliege.

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