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Kanzlerin Merkel und die Integrationsbeauftragte Özoguz im Bundestag

© dpa

Integration: Özoguz will Ausbildung zum Gipfelthema machen

Studien belegen: Wer keinen deutschen Namen hat, fällt oft schon mit dem Bewerbungsschreiben durch. Die Integrationsbeauftragte will gegensteuern.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), will das Thema Ausbildung zum Schwerpunkt des nächsten Integrationsgipfels im Kanzleramt machen. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt gebe es seit der Wiedervereinigung ein „Ausbildungsrekordtief“ und gleichzeitig „immer noch starke Diskriminierungstendenzen“, sagte Özoguz im Deutschlandfunk.
Eine Studie der Forscher des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hatte kürzlich in einem bundesweiten Versuch festgestellt, dass ein Bewerber mit türkischem Namen eineinhalb mal so viele Bewerbungen wie einer mit deutschem Namen schreiben muss, bis er zu einem Gespräch eingeladen wird. Auch der Rücklauf auf die Bewerbungen zeigte deutliche Unterschiede: Der Bewerber mit türkischem Namen erhielt in 40 Prozent der Fälle keine Antwort, der deutsche lediglich in 36,5 Prozent. Auch internationale Studien kamen zu diesem Befund. Vor fünf Jahren zeigte sich in einer nicht repräsentativen Studie der Deutsch-Türkischen Unternehmervereinigung, dass mehr als ein Drittel der türkeistämmigen Studierenden wegen Diskriminierungserfahrungen ihre berufliche Zukunft nicht in Deutschland sahen.

Für den Versuch hatte das SVR-Team an 1794 Unternehmen in Deutschland Bewerbungen zweier erfundener Realschüler geschickt. Die Bewerbungsunterlagen beider wiesen überdurchschnittliche Leistungen und einschlägige Praktika nach – nur die Namen waren einmal als türkisch, einmal als ursprungsdeutsch erkennbar. Das SVR-Team empfahl unter anderem die Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren, die im ersten Bewerbungsschritt nur Kompetenzen verraten, nicht die Herkunft. Anonyme Verfahren nannte jetzt auch Özoguz als Lösungsansatz. Oft laufe Diskriminierung auch „sehr unterbewusst“, sei für das Aussortieren vorgeblich fremder Namen nicht einmal rechtes Gedankengut verantwortlich, sondern „einfach alte Strukturen“. Auch im öffentlichen Dienst seien noch „eklatante Lücken“ feststellbar, kritisierte Özoguz.

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, sagte dem Tagesspiegel, sie sei sich mit Özoguz „einig, dass Verwaltungen und Unternehmen mehr auf anonymisierte Bewerbungsverfahren setzen sollten“. Dass Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt vor allem im Bewerbungsverfahren erlebt würde, belegten Studien „ganz eindeutig.“ Lüders’ Stelle startete 2010 ein Pilotprojekt zur anonymisierten Bewerbung in Unternehmen und öffentlicher Verwaltung. Inzwischen, so sagte Lüders, seien neun Bundesländer beteiligt, die das Bewerbungsverfahren in der eigenen Verwaltung anwendeten, aber auch Unternehmen dabei unterstützten.

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