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Bitte melden! Bisher gibt es nicht einmal eine Schulpflicht und noch nicht genug Kurse und Klassen für Flüchtlinge und ihre Kinder – aber die CSU will sie zur Teilnahme verpflichten.

© Peter Steffen/dpa

Integration und Sanktionen: CSU will auch Ausweispflicht für Flüchtlinge

Bayerns regierende Partei verschärft ihre Forderungen. Mit der geplanten Pflicht zur Integration allerdings rennt sie, nimmt man die Zahlen, offene Türen ein.

Die CSU will nicht nur Sanktionen für Ausländer, die keine Integrationskurse besuchen, sondern auch gegen Flüchtlinge ohne Papiere vorgehen. In einer Beschlussvorlage für die traditionelle CSU-Klausur in Wildbad Kreuth Anfang Januar heißt es, sie müssten bereits an der Grenze abgewiesen werden. Der Rechtsstaat könne nicht hinnehmen, dass durch die Vernichtung von Personalpapieren ein geordnetes Asylverfahren unmöglich werde.

Opposition und Flüchtlingshelfer kritisierten das Vorhaben massiv und wiesen darauf hin, dass es viele Gründe dafür gebe, wenn Flüchtlinge ohne Papiere seien. Oft nähmen Schlepper sie ihnen ab.

Die CSU will Ausländer außerdem zur Integration verpflichten und Strafen verhängen, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen. So steht es im Entwurf für die traditionelle Klausurtagung Anfang Januar in Wildbad Kreuth. Kernforderung: Sprach- und Integrationskurse sind zu besuchen, Kinder eingeschlossen.

Die Pflicht wäre nicht neu - das Kursangebot teilweise schon

Die Pflicht zur Information über Land und Sprache und Sanktionen für die, die ihr nicht nachkommen, gibt es allerdings bereits – im Aufenthaltsgesetz. Von Populismus spricht entsprechend die Opposition. Und tatsächlich scheinen die Bayern offene Türen einzurennen: „Integrationsverweigerung“ ist offenbar kein Massenphänomen. Nach den verfügbaren Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) haben in den vergangenen zehn Jahren immerhin 1,2 Millionen Menschen die Integrationskurse besucht – also größtenteils noch zu Zeiten mit relativ geringer Einwanderung nach Deutschland, und obwohl keineswegs alle Zuzügler zum Kursbesuch verpflichtet sind.

Diese Zahlen von staatlicher Seite sprechen allerdings eher für Mängel des Angebots als bei der Nachfrage: Nach Berechnungen einer Expertenkommission der Bosch-Stiftung, die Mitte Dezember veröffentlicht wurde, werden die Mittel allein für die in diesem Jahr angekommenen Flüchtlinge und die Einwanderer aus EU-Ländern von 244 auf mindestens 455 Millionen Euro steigen müssen.

Gerade die übelsten Gewaltherrscher wären der CSU dankbar, wenn diese "christliche" Partei dafür sorgen würde, dass gerade den engagiertesten Gegnern der Völkermörder gezeigt würde, dass sie ihren potentiellen Schlächtern nicht entkommen können, wenn man ihnen die Papiere verweigert oder abnimmt.

schreibt NutzerIn yoda

Die Kommission kritisierte auch die Organisation der aktuellen Kurse: Außerhalb von Großstädten sei das Angebot zu mager, sie seien zu wenig auf den Bedarf abgestimmt und unterforderten beispielsweise gut vorgebildete Flüchtlinge. Oder sie seien, wenn ein Flüchtling in Ausbildung stehe, zu wenig damit verzahnt. Auch sonst gingen die Angebote oft am Bedarf vorbei.

Für Flüchtlingskinder fehlen Schulplätze und Schulpflicht

Kritisiert wurde auch, dass es nach wie vor keine generelle Schulpflicht für Flüchtlingskinder gibt. In Sachsen und Sachsen-Anhalt haben sie lediglich ein Recht auf den Schulbesuch, in den übrigen Ländern müssen sie unterschiedlich lange warten, bis sie in die Schule dürfen.

Der Mediendienst Integration weist in einer aktuellen Dossier zudem darauf hin, dass Asylbewerber bis vor wenigen Wochen von Integrations- und Sprachkursen sogar ausgeschlossen waren – und dass die Regelung, die sie seit Oktober für „Asylbewerber und Geduldete mit guter Bleibeperspektive“ öffnet, nach wie vor ganze Gruppen ausschließt. Dies gilt nach den Regelungen des Bamf auch für Afghanen, obwohl auch deren „Schutzquote“ hoch ist, also der Prozentsatz jener, die aus anderen Gründen bleiben dürfen, auch wenn sie kein Asyl bekommen.

Die Gründe, keinen Ausweis zu haben, können vielfältig sein

Hinter der Forderung der CSU, Flüchtlinge ohne gültige Papiere bereits an der Grenze abgewiesen werden, steht die Vermutung, Asylbewerber wollten bewusst ihre Herkunft verschleiern. Die Gründe für fehlende Papiere sind allerdings nach Einschätzung von Fachleuten vielfältiger: Der Geschäftsführer der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, wies darauf hin, dass es „in der Regel nicht möglich“ sei, „aus Staaten wie Syrien oder Afghanistan über mehr als fünf Landgrenzen hinweg legal mit Papieren nach Deutschland zu kommen“.

Grüne und CDU: Das Asylrecht verlangt Einzelprüfungen

Luise Amtsberg, Flüchtlingspolitikerin der Grünen, nannte die Forderung „absolut illegitim“, weil jedes Schutzgesuch nach dem Grundgesetz geprüft werden müsse. Die CSU betreibe „erneut eine gezielte Kriminalisierung und Diskreditierung von Schutzsuchenden“. Neben fehlender Verwaltung in der Heimat, die es unmöglich mache, Reisedokumente im Herkunftsland zu bekommen, verlören viele Menschen ihre Papier auch auf der Flucht oder sie würden ihnen von Schleppern abgenommen.

Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende und frühere nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet ging auf Distanz zum CSU-Plan: Jeder habe ein Recht darauf, dass sein Anspruch auf Asyl geprüft werde. Schon jetzt seien Asylbewerber verpflichtet, am Verfahren mitzuwirken. Wie mit Menschen ohne Papiere verfahren werde, müsse im Einzelfall geprüft werden.

Sachsen-CDU geht Kurs der CSU mit

Nicht nur die CSU, auch die Sachsen-CDU verschärft den Ton gegen Flüchtlinge: Kurz nachdem Ministerpräsident und Landesparteichef Stanislaw Tillich sich von Ausländerfeinden abgegrenzt hatte, legte sein Generalsekretär Michael Kretschmer jetzt auf der anderen Seite nach und forderte seinerseits sogar, dass Neuankömmlinge „sich zunächst zu Integrationsbeiträgen wie dem Besuch eines Deutschkurses verpflichten, bevor sie finanzielle Unterstützung bekämen.“ Auch die Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern in Deutschland will Kretschmer wieder eingeschränkt sehen. Die sogenannte Residenzpflicht war in den letzten Jahren gelockert worden.

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