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Der Kriminologe Christian Pfeiffer

© dapd

Integrationsstudie: Kriminologe warnt vor pauschaler Angstmache

Die Studie zur Integrationsfähigkeit junger Muslime sorgt weiter für Wirbel. Migrantenvertreter und der Kriminologe Christian Pfeiffer kritisieren Innenminister Friedrich.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, zeigte sich nach der Veröffentlichung der Integrationsstudie besorgt über Radikalisierungstendenzen unter jungen Muslimen in Deutschland. „Die Studie bestätigt unsere Erkenntnisse: Diskriminierung begünstigt Extremismus. Wenn dann noch fanatisierte Religionsvorstellungen dazu kommen, kann das bei einigen Jugendlichen wie ein Brandbeschleuniger wirken“, sagte Mayzek zu „Bild.de“. Jetzt sei die Politik gefragt, Muslime noch stärker als bisher in der Präventionsarbeit zu unterstützen.

Der Studie zufolge sind fast die Hälfte der nichtdeutschen Muslime nicht willig, sich zu integrieren. Knapp ein Viertel der Muslime mit deutschem Pass zeige diese Tendenz ebenfalls. Dies geht aus Befragungen im Auftrag des Innenministeriums hervor.

Der Hannoveraner Kriminologe Christian Pfeiffer hält eine „pauschale Angstmache“ vor Muslimen für unberechtigt. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ reagierte Pfeiffer verärgert auf die Studie und kritisierte sie als nicht repräsentativ. „Wenn wir den Muslimen bereits als Grundschüler die Hand reichen, landen sie auch nicht in der Ecke der Frustrierten, wo sie sich hinter der Religion verschanzen“, sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.

Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, wirft Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) populistische Stimmungsmache vor. „Es geht nicht, dass hier junge Muslime unter Generalverdacht gestellt werden. Das ist purer Populismus“, sagte Kolat der „Passauer Neuen Presse“. Er erwartet eine Klarstellung des Bundesinnenministers. Offenbar sollte wenige Tage nach der Trauerfeier für die Opfer der Nazi-Morde vom Rassismus in Deutschland abgelenkt werden, mutmaßt Kolat.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinden zweifelt an den Ergebnissen der Studie über „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“. „Die neue Studie wirkt diffus, oberflächlich und wenig seriös“, urteilte Kolat und forderte: „Wenn die Bundesregierung beklagt, dass sich junge Muslime mit der Integration schwertun, dann soll sie den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Einführung des Doppelpasses erleichtern.“

Minister Friedrich hat die Studie unteredessen im Grundsatz erneut verteidigt. „Diese Studie ist sehr ausführlich, in der es um sehr viele komplexe Randerscheinungen geht“, sagte Friedrich am Donnerstagabend im ZDF-„heute-journal“. Er stellte klar: „Die Moslems lehnen in ihrer großen Mehrheit ganz scharf den Terrorismus ab, und die allermeisten sind gerne bereit, sich in Deutschland zu integrieren.“

Daneben sehe er aber kritische Aspekte: „Es gibt eine Zahl von Nicht-Integrationswilligen, und es gibt sicher auch eine Zahl von vor allem jungen Leuten, die für Radikalisierung anfällig sind.“ Friedrich betonte: „Gerade morgen jährt sich der erste islamistische Anschlag auf deutschem Boden von einem jungen Mann in Frankfurt, der sich selbst radikalisiert hat. Ich kann diese Phänomene doch nicht ignorieren.“ (dpa/dapd)

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