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Internationale Beziehungen: Russland fürchtet Annäherung der USA an Iran

Die USA, so Obama in seiner Antrittsrede, würden dem Iran die Hand hinstrecken, so Teheran "die seinige nicht mehr zur Faust ballt". Das kam dort gut an. Auch die Islamische Republik, ließ sich Präsident Mahmud Ahmadinedschad vernehmen, sei zu Direktverhandlungen "im Geiste gegenseitiger Achtung" bereit.

Moskau - Grund, die dreißigjährige Eiszeit zu beenden, die durch die Geiselaffäre in der Teheraner US-Botschaft gleich nach der Islamischen Revolution 1979 ausgelöst wurde, hätten beide mehr als genug. Durch ein Embargo des Westens, unter das auch die Lieferung von Ausrüstungen für den Energiesektor fällt, sind Raffinerien und Fördertechnik so marode, dass der öl- und gasreiche Iran Benzin in den Emiraten am Golf und Gas von Turkmenistan kaufen muss. Sinkende Exporterlöse und wachsender Unmut der Bevölkerung - die Arbeitslosenquote liegt bei 14 Prozent, jeder Vierte vegetiert unterhalb der Armutsgrenze - sind sozialer Zündstoff. Die Jugendlichen, 70 Prozent der Gesamtbevölkerung, blicken nach Westen.

Das und nahende Präsidentenwahlen könnten daher eine vorsichtige Liberalisierung und eine Normalisierung im Verhältnis zu den USA in Gang setzen, meinen russische Iranexperten. Sie würde Moskau jedoch die wichtigsten Trümpfe aus der Hand schlagen, mit denen der Kreml gegenwärtig mit Nato und EU spielt: Energie und Kontrolle der Transportwege, über die die Allianz ihre Truppen in Afghanistan versorgt. Iran wäre in jedem Falle die bessere Alternative. Das quasi totgesagte Nabucco-Projekt - eine Pipeline, mit der die EU sich den Zugriff auf die Gasvorkommen der Kaspiregion unter Umgehung Russlands sichern will - bekäme eine neue Chance. Statt mit Gas aus den zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken, die ihre Förderung an Russland verkaufen, könnte der Iran die Pipeline füllen und rentabel machen.

Auch sucht die Nato händeringend nach einer Alternative für den Afghanistannachschub. Der kürzeste und sicherste Weg führt über den Iran, dessen Bahngleise die gleiche Spurweite haben wie in Europa. Dazu kommt, dass der Iran im Irak wegen des gemeinsamen Bekenntnisses zum schiitischen Islam ein Macht- und Ordnungsfaktor ist. Ebenso in Afghanistan: In Nordafghanistan sind Tadschiken, ethnische Iraner, in der Mehrheit. Kreml und Moskauer Außenamt aber haben kaum Druckmittel gegen den Iran. Waffen und Ausrüstungen für Kernkraftwerke kann statt Russland der Westen liefern. Auch könnte Teheran, um Erpressungsversuche Moskaus abzuwehren, den Widerstand im islamischen Nordkaukasus unterstützen. Elke Windisch

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