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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

© dpa/AP/Michael Sohn/Pool

Internationale Kritik an der Ukraine-Politik: Kanzler Scholz verspielt Deutschlands Einfluss

Unter Merkel war Berlin zentrale Anlaufstelle für westliche Ostpolitik. Heute nicht mehr. Das Zögern des Kanzlers irritiert die Verbündeten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Das internationale Echo auf das deutsche Verhalten in der Ukrainekrise ist verheerend für Olaf Scholz. Seine Regierung wirkt auf die Partner orientierungslos und ohne Handlungswillen. Merkt er nicht, wie sein Zögern Deutschland zur Schwachstelle in der Geschlossenheit von EU und Nato macht?

Statt zu führen, wie er versprochen hatte, erklärt der Kanzler bestenfalls, was er nicht tun möchte – von Waffenlieferungen an die Ukraine bis zum Stop der Pipeline Nord Stream 2. Die dünnen Begründungen klingen wie Ausreden.

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Unter Vorgängerin Angela Merkel war Berlin zentrale Anlaufstelle für die Russland- und Ukrainepolitik des Westens. Dagegen wirkt Scholz wie ein Ausfall.

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Die Notfallpläne, wie Deutschland und Europa mit Energie versorgt werden, falls Wladimir Putin kein russisches Gas liefert, treibt US-Präsident Joe Biden voran, nicht der Kanzler.

Den Ehrgeiz, Europa wieder zum Vermittler neben den USA zu machen, zeigt Emmanuel Macron, nicht Scholz. Zuvor war es umgekehrt: Berlin trat als Anwalt der Staaten zwischen Russland und Deutschland auf; Frankreich stand im Verdacht, eine Sonderbeziehung zu Moskau sei ihm wichtiger.

Zu Putin hat Scholz anders als Merkel keinen Draht. Der gemeinsame Auftritt mit Macron in dieser Woche hat das Misstrauen der Partner verstärkt. Macron gab sich entschlossen, Scholz ließ eine klare Haltung vermissen.

Wenn schon historische Verantwortung: Wo ist die für die Ukraine?

Die Begründungen, die insbesondere die SPD für das Zögern liefert, sind widersprüchlich, geschichtsvergessen und irritierend Russland-zentriert. Die historische Verantwortung für den Angriff auf die Sowjetunion 1941 lasse es angeblich nicht zu, Waffen an die Ukrainer zu liefern? Denn wenn die sich eventuell verteidigen müssen, könnten russische Soldaten – die dann die Angreifer wären – sterben.

Und was gebietet die historische Verantwortung gegenüber der Ukraine, wo Wehrmacht und SS schlimmer gewütet haben? Zudem: Falls das Argument zieht, hätte Deutschland den Nato-Partnern im Osten keine Waffen liefern dürfen; und dürften deutsche Soldaten nicht als „Lead Nation“ Litauen schützen.

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Deutschland hat Waffen in die Kriegsgebiete Irak und Syrien geliefert, um Jesiden zu retten. Aber es verweigert europäischen Nachbarn Waffen, um sich gegen einen Angreifer zu verteidigen. Was ist denn das für eine Moral?

Scholz darf jetzt auch nicht mehr das Risiko ausblenden, dass Putin die Gasversorgung als Hebel einsetzt. Der Kanzler muss klar sagen: Ein solcher Erpressungsversuch bedeutet das Ende aller Energiegeschäfte mit Russland. Die Grünen sind dazu bereit.

Die Verbündeten erwarten die Festlegung. Deutschland als Bruchstelle der Einheit des Westens gegen einen Aggressor: Noch kann Scholz das Bild korrigieren. Aber nicht mehr lange.

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