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Vier Tage Intensivkurs Digitalisierung: Aufbauarbeiten für die Internetkonferenz re:publica

© Britta Pedersen/dpa-ZB

Internetkonferenz re:publica: Die Digitalisierung muss endlich Pop werden

Die heutige Arbeitswelt wird von der Digitalisierung verändert, möglicherweise sogar überrollt. Deutschland braucht ein digitales Pfingstwunder. Ein Kommentar zur Netzkonferenz re:publica.

Ein Kommentar von Til Knipper

Nicht weniger als ein technisches Pfingstwunder versprechen Digitalisierung und die mit ihr einhergehende Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI), hat die evangelische Theologin Johanna Haberer in ihrem jüngsten Buch „Digitale Theologie, Gott und die Medienrevolution der Gegenwart“ geschrieben.

Ist das übertrieben? Nicht unbedingt. Experten gehen davon aus, dass künstliche Intelligenz die Menschen einander näherbringt, Sprachbarrieren überwinden hilft und mit neuronalen Netzwerken Probleme gelöst werden können, an denen die Menschheit seit Jahren scheitert.

Insofern ist Timing und Motto der am heutigen Mittwoch in Berlin beginnenden Netzkonferenz re:publica sehr gut gewählt: Der Tag der Arbeit ist gerade vorbei und das Pfingstwochenende steht in gut zwei Wochen an. Symbolisch lässt sich das auch so deuten: Die heutige Arbeitswelt, für die der 1. Mai steht, wird von der unaufhaltsam voranschreitenden Digitalisierung gravierend verändert, möglicherweise sogar überrollt. Wenn Deutschland in dieser neuen Welt zukünftig bestehen möchte, braucht es tatsächlich ein technisches Pfingstwunder.

Um dies der breiten Öffentlichkeit in Deutschland endlich deutlich zu machen, hat sich die zwölfte Ausgabe von Europas größter Internetkonferenz ein passendes Motto ausgesucht: Pop. So wie ihn die re:publica-Macher verstehen, ist Pop das, was die Massen erreicht, was unsere Gesellschaft verändert. Es kann aber auch als Abkürzung für Power of People verstanden werden, die Macht der Masse.

Die Masse hat Macht - und muss sie verstehen und ausüben

Das eine geht aber nicht ohne das andere. Die Masse muss ihre Macht verstehen, um sie ausüben zu können. Daran hapert es in Deutschland aber noch gewaltig: Es geht schon bei der Infrastruktur los. Wenn es um schnelle Internetanschlüsse per Glasfaserkabel geht, liegt Deutschland weltweit nur auf Platz 25. Die Politik kommt hier seit Jahren nicht voran.

Auch um die Entwicklung künstlicher Intelligenz steht es hierzulande nicht wesentlich besser. Natürlich wäre es fahrlässig anzunehmen, dass diese nichts als Verbesserungen für unser Leben brächte. Noch dümmer wäre es aber, die technische Entwicklung in diesem Bereich alleine den USA und China zu überlassen. Insofern wirkt es fast lächerlich, wenn die EU ankündigt, bis 2020 die KI-Forschung mit zwei Milliarden Euro fördern zu wollen. Und auch die vom Digitalverband Bitkom geforderten vier Milliarden Euro Forschungsförderung und 40 neuen KI-Professuren in Deutschland sind viel zu zaghaft. Zum Vergleich: China allein wird 125 Milliarden Euro bis 2030 in die KI-Forschung investieren.

Eine Internet-Reformation steht an

Um die Lage zu ändern, braucht Deutschland eine Digitalisierung des Alltags. Das Beispiel Estlands zeigt, dass der Staat dabei vorangehen kann. Die Umstellung auf eine komplett digitale Verwaltung hat dort die gesamte Internetwirtschaft nach vorne gebracht. So kann eine Gesellschaft als Ganzes lernen und erfahren, sich in einer digitalen Welt sicher zu fühlen, deren Potenzial zu erkennen und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Johanna Haberer schlägt in ihrem Buch eine Internet-Reformation vor, um die drohende Vormachtstellung von Chinesen und US-Internetkonzernen zu brechen. Dazu ist aber mehr nötig als eine re:publica mit 9.000 Gästen, die schon immer für die Chancen der Digitalisierung warben. Als Vorbilder taugen sie aber schon, damit die Digitalisierung in Deutschland Pop wird.

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