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Markus Löning ist Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung

© dpa

Interview zu Guantanamo: "Die Verfassung wird verletzt"

Seit zehn Jahren werden in Guantanamo Menschenrechte missachtet. Die deutsche Regierung müsste mehr tun, fordert der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning.

Von Hans Monath

Herr Löning, ist Guantanamo ein US-Problem?

Zunächst ist das Lager ein amerikanisches Problem. Seine Existenz verletzt die Ideale der amerikanischen Verfassung, nämlich das Recht jedes Menschen, vor ein ordentliches Gericht gestellt zu werden. Es betrifft aber auch den gesamten Westen, weil es die Glaubwürdigkeit unseres Einsatzes für die Menschenrechte aushöhlt. Es macht es uns viel schwerer, gegenüber Ländern wie China, Russland oder auch afrikanischen Staaten auf faire rechtsstaatliche Verfahren zu pochen. Mir wird das bei Besuchen in solchen Ländern oft entgegengehalten.

Warum bringt es die US-Politik nicht fertig, das Problem zu beenden?
Diese Frage richtet sich in erster Linie an die Kongressabgeordneten und Senatoren. Die Regierung in Washington hat mir bei allen Gesprächen immer gesagt: Wir wollen Guantanamo auflösen, wir wollen zivile Gerichte, aber wir scheitern am Kongress. Beide Kammern wehren sich dagegen, die Gefangenen auf das US-Festland zu holen und sie vor zivile Gerichte zu stellen. Das belastet die menschenrechtliche Glaubwürdigkeit.

Kann Deutschland Einfluss nehmen?
Es ist wichtig, dass deutsche Abgeordnete gegenüber ihren US-Kollegen immer wieder deutlich machen, dass Guantanamo auch unsere Außenpolitik behindert und auch unsere Glaubwürdigkeit tangiert. Wir müssen die Amerikaner immer wieder an den Geist ihrer eigenen Verfassung erinnern.

Gibt es neue Bitten der USA, Gefangene nach Deutschland abzuschieben?
Mir sind keine aktuellen Anfragen bekannt. In Obamas Amtszeit ist die Zahl der Gefangenen von rund 240 auf rund 170 reduziert worden. Das geht in die richtige Richtung, aber es geht zu langsam. Deutschland hat im vergangenen Jahr zwei Gefangene aufgenommen. Falls es hilft, dieses Lager zu schließen, sollten wir sehr wohlwollend prüfen, wie wir dabei helfen können, wenn die Amerikaner erneut anfragen.

Kritiker klagen, beim Antiterrorkampf schränke auch Deutschland Menschenrechte ein. Sehen Sie das auch so?
Um die Bürgerrechte muss man ständig kämpfen. Auch hier gab es im Rahmen des Antiterrorkampfes Einschränkungen von Bürgerrechten, denken Sie an die sogenannten Schily-Pakete. Als Liberaler habe ich das immer kritisiert. Meine Partei, die FDP, hält immer noch dagegen. Aber was in Deutschland passiert, hat doch eine völlig andere Qualität als das Lager Guantanamo. Freiheitsberaubung ohne die Möglichkeit rechtlichen Gehörs ist nicht vergleichbar etwa mit der Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses bei der Telefonüberwachung oder mit ähnlichen Eingriffen.

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