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Irak: Bush setzt auf Strategie der Neokonservativen

US-Präsident Bush will zur Befriedung des Iraks offenbar einen Plan aus dem neokonservativen Lager aufgreifen und die Truppenstärke im Irak um mindestens 20.000 Mann erhöhen.

Washington - Gemeinsam mit irakischen Truppen sollen so Chaos und Gewalt in Bagdad beendet werden. Bei einem deutlichen Rückgang der Gewalt könnten die US-Truppen dann schrittweise nach Hause geholt werden, fasst das Nachrichtenmagazin "Time" den neuen Schlachtplan zusammen. Bush feilt zwar noch an der für Mittwoch geplanten Rede, Skepsis und Widerstand regen sich parteiübergreifend schon im Vorfeld.

Bushs "neue Strategie" ist im Kern nicht neu. Die US-Armee hat sie im Vietnam-Krieg angewendet, Kolonialmächte griffen darauf zurück und selbst im Irak hat sie mancherorts schon funktioniert. Danach wird zuerst ein Gebiet Stück für Stück von Aufständischen, Militanten und Terroristen "gesäubert". Nachdem Recht und Ordnung wieder hergestellt sind, sollen Iraker durch Arbeits-Programme und Klein-Kredite wieder selbstständiger werden. Hintergrund ist die Erfahrung, dass Bürger, die in Sicherheit leben und Geld verdienen, nicht den Schutz von Milizen suchen. "Das Paradox ist, dass der schnellste Weg vom Irak nach Hause ein mutigerer Einsatz heute ist", schreibt das konservative "Wall Street Journal".

Neokonservative gehen von 35.000 bis 100.000 Soldaten aus

Die zusätzlichen Truppen will Bush den Berichten zufolge vor allem nach Bagdad abkommandieren. In der Millionenmetropole und einem Umkreis von 50 Kilometern ereignen sich nach Angaben der Armee rund zwei Drittel aller Anschläge. In der Hauptstadt regieren Gewalt und Chaos. Milizen der Schiiten oder Sunniten haben ganze Stadtteile unter ihre Kontrolle gebracht.

Kritiker bezweifeln, dass der Plan aufgeht. Der demokratische Senator Joseph Biden hält es für unwahrscheinlich, dass 20.000 US-Soldaten in der knapp sechs Millionen Menschen zählenden Hauptstadt Bagdad von Haus zu Haus und Tür zu Tür gehen können, um die Guten von den Bösen zu trennen - schon gar nicht in den überbevölkerten und schwer überschaubaren schiitischen Slums.

Andere Kritiker führen an, dass die Truppenstärke bereits immer wieder erhöht wurde, die Gewalt aber dennoch weiter zunahm. Die beiden Neokonservativen - der Militärhistoriker Frederick Kagan und der Ex-Vizestabschef der Armee Jack Keane - gehen in ihrem Plan von mindestens 35.000 Soldaten aus. Andere US-Militärexperten halten mindestens 100.000 für erforderlich.

Pelosi: Kein Blankoscheck für Bush

An anderer Stelle will Bush nach Medienberichten mit seiner Rede Kritikern von vornherein Wind aus den Segeln nehmen. So will der Präsident die Regierung von Nuri al-Maliki stärker in die Pflicht nehmen. Sie soll die Milizen entwaffnen und endlich auch in jene Regionen investieren, in denen die sunnitische Minderheit lebt. Darüber hinaus sollen die Sunniten in einer Regierung der nationalen Einheit eine Heimat finden.

Nachdem die Demokraten beide Häuser im US-Kongress kontrollieren, kann sich Bush mit seinem neuen Plan auf eine lange Debatte mit der Opposition einstellen. Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, gab schon vor Bushs Rede zu Protokoll, dass sie dem Präsidenten keinen Blankoscheck ausstellen werde. "Das ist neu für ihn", sagt Pelosi. Zu Zeiten der republikanischen Mehrheit im Kongress habe es für Bush keinerlei Standards, Auflagen und Kontrolle durch das Parlament gegeben. (Von Hans Dahne/dpa)

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