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Irak-Krieg: Berlusconi distanziert sich von Bush

Selten hat ein Treffen mit seinem "Amico George" für Silvio Berlusconi unter so schlechten Vorzeichen gestanden. Um die gedrückte Stimmung zu verbergen, wurde in Washington sogar eine Pressekonferenz von US-Präsident Bush und dem italienischen Ministerpräsidenten abgesagt.

Rom - Hintergrund der italo-amerikanischen Spannungen: In einem am Montagmorgen ausgestrahlten Fernsehinterview mit dem italienischen Sender «La7» hatte Berlusconi erklärt, er habe mehrmals versucht, Bush den Krieg im Irak auszureden - vergeblich, wie er betonte.

Das überraschte nicht nur die Italiener, sondern vor allem die Amerikaner. Schließlich galt Berlusconi bisher als einer der engsten Verbündeten der USA beim Einsatz im Zweistromland. Und dass er diese Äußerungen so kurz vor einer Washington-Reise tat, erstaunte umso mehr. «Damit hat er sich von seinem Freund George W. Bush distanziert und dem amerikanischen Präsidenten die Rolle eine Kriegstreibers angehängt, der nicht auf die Ratschläge seiner vertrautesten Alliierten hört», kommentierte die Zeitung «La Repubblica».

Er sei nicht überzeugt, «dass der Krieg das beste System ist, um ein Land demokratisch zu machen und von einer wenn auch blutigen Diktatur zu befreien», stichelte Berlusconi weiter - ein offenkundiger Seitenhieb auf Bush. Beobachter werten das Interview als geschicktes Wahlkampfmanöver, denn der Großteil der Italiener hatte sich von Anfang an gegen einen Einsatz im Irak ausgesprochen. Und da im Frühjahr Parlamentswahlen anstehen und Berlusconis Wiederwahl stark auf der Kippe steht, spreche er jetzt plötzlich mit der Stimme eines Pazifisten, werfen ihm Kritiker vor.

Wann Italien seine 3000 im Südirak stationierten Soldaten nach Hause holt, ließ Berlusconi hingegen offen. Jetzt, wo sein Land einmal an dem Einsatz beteiligt sei, müsse dieser auch bis zum Ende fortgeführt werden, erklärte er.

Italienische Medien kommentieren, es sei ein sehr delikates Unterfangen, Wahlkampf mit dem Irak-Krieg zu betreiben, ohne den ohnehin wegen der Affäre um Lewis Libby, den Stabschef von Vizepräsident Richard Cheney, geschwächten Bush zu verärgern. Für die Mitte-Links-Opposition sind die dunklen Wolken am italienisch-amerikanischen Himmel hingegen ein gefundenes Fressen: «Da kann man mal sehen, wie viel die Ratschläge Berlusconis bei seinen engsten Verbündeten zählen», höhnte sein Herausforderer Romano Prodi. (Von Carola Frentzen, dpa)

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