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Tony Blair.

© REUTERS

Irak-Untersuchungsausschuss: Tony Blair: "Großes, tiefes Bedauern"

Der frühere britische Premier Tony Blair erklärt vor dem Irak-Untersuchungsausschuss erneut, wie es zum Feldzug gegen Saddam Hussein kam.

Nach über fünf Stunden sachlicher Befragung endete die zweite Anhörung des früheren britischen Premiers Tony Blair vor der Irakkommission emotional. Das Auditorium hatte sich am Freitag die ganze Zeit still und diszipliniert verhalten. Eine Frau weinte still vor sich hin. Aber als Blair in seinem Schlusswort Bedauern äußerte, rief erst eine Frau, dann riefen mehrere Frauen im Publikum: „Zu spät, zu spät.“ Der Vorsitzende John Chilcot musste die Zuhörer im Untersuchungsausschuss zur Ordnung rufen.

In seiner Autobiografie hatte Blair beschrieben, wie ihm in seiner ersten Vernehmung vor einem Jahr „übel wurde, aus Wut und Sorge“, als Chilcot ihn zum Schluss fragte: „Gibt es etwas, was sie bereuen?“. Dies sei eine „Schlagzeilenfrage“ gewesen, die ihm keine Wahl gelassen habe, schrieb Blair.

Nun korrigierte Blair seine damalige Antwort („Ich bereue nichts“) und lieferte andere Schlagzeilen. Man habe seine Worte damals so interpretiert, als habe er keine Empfindung für die Opfer des Krieges, sagte er. „Das war nie meine Absicht. Natürlich spüre ich großes, tiefes Bedauern für jedes Opfer, ob bei unseren Streitkräften, bei Zivilisten, die den Irakern halfen, oder den Irakern selbst. Dies wollte ich nur sagen.“

Blair wurde zum zweiten Mal vorgeladen, um Nachfragen zu beantworten und Unklarheiten zu beseitigen. Die Kommission untersucht die Rolle Großbritanniens und seiner Regierung beim Einmarsch in den Irak im Jahr 2003, um mögliche Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Wie schon bei der ersten Anhörung begann Blair wieder nervös. Aber je mehr er sich in Fahrt redete, desto überzeugender wirkte er und desto überzeugter schien er von sich selbst zu sein. Aber diesmal waren die Fragen der Kommission schärfer und kenntnisreicher: Immerhin hatten die fünf Mitglieder seit zwei Jahren die Aktenlage studiert. Als ein Mitglied einwarf, das „Optionspapier“ zur Irakstrategie sei im Kabinett gar nicht diskutiert worden, rutschte Blair unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Auf die Frage, wem das Papier denn gezeigt worden sei, konnte Blair keine Antwort geben.

Unumwunden gab er aber zu, dass er dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush acht Monate vor Beginn des Irakkrieges und der komplexen diplomatischen Verhandlungen über weitere UN- Resolutionen Großbritanniens Unterstützung versprochen und mit ihm über einen Regimewechsel gesprochen hat: „Was ich Präsident Bush sagte, war sehr klar und einfach: Ihr könnt auf uns zählen.“ Allerdings wurde die Mitteilung an Bush, aus der diese Unterstützung hervorging, nicht bekannt. Auch sonst sind schriftliche Dokumente, die Licht ins Dunkel rund um die Entscheidung für den Irakkrieg bringen könnten, rar: Nur bei der Hälfte von 28 wichtigen Treffen mit Schlüsselfiguren, bei denen es um den Feldzug ging, wurde ein Protokoll geführt.

Blair gab auch zu, dass er den Rat seines amtlichen Rechtsberaters, Lord Goldsmith, der Krieg sei ohne eine zweite UN-Resolution illegal, in den Wind schlug. Die Analyse sei nur „provisorisch“ gewesen, sagte der frühere britische Premier. Er sei davon ausgegangen, dass Goldsmith sie ändern werde, sobald er die Einzelheiten der UN-Verhandlungen kenne. So kam es auch.

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