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Politik: Iraks Parlament hat einen Präsidenten

Sunnit al Hassani an der Spitze – aber noch keine Einigung über neue Regierung / Sturm auf Abu Ghraib

Das irakische Parlament hat am Sonntag endlich einen Präsidenten und zwei Stellvertreter gewählt. Wenige Minuten vor der dritten Sitzung des Parlaments konnten die Parteien ihren Streit um die Nominierungen beiliegen. Damit wurde zwei Monate nach der Parlamentswahl vom 30. Januar der Sunnit Hajem al Hassani zum Präsidenten der Volksversammlung gewählt. Seine Stellvertreter sind der schiitische Nuklearwissenschaftler Hussein al Shahrastani und der Kurde Aref Tayfur. Die Einigung wurde überschattet durch die Tatsache, dass die Abgeordneten streng entlang religiöser und ethnischer Linien wählten. So gaben von den 241 anwesenden Parlamentariern viele ihre Stimme nur in dem Wahlgang ab, in dem „ihr“ Kandidat gewählt wurde. Eigentlich war damit gerechnet worden, dass die Wahl der Parlamentsspitze die Regierungsbildung einläutet, weil alle Personalentscheidungen Teil eines Gesamtpaktes sind. Doch nach Angaben des schiitischen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten, Ibrahim al Jafaari, gibt es noch immer keine endgültige Einigung über die zukünftige Regierung. Das Parlament will am Mittwoch wieder zusammenkommen, um einen Staatspräsidenten und seine Stellvertreter zu wählen, die wiederum einen Ministerpräsidenten designieren sollen.

Am Vorabend der Parlamentssitzung versuchten Aufständische das Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad zu stürmen, in dem etwa 3000 Gefangene einsitzen. Es war der größte Angriff seit den Parlamentswahlen – die zum Al-Qaida-Netzwerk gehörende Sarkawi-Gruppe bekannte sich im Internet dazu. In dem einstündigen Kampf, der auf die Explosion von zwei Autobomben folgte, wurde nach US-Angaben mindestens ein Angreifer getötet. Es war unklar, ob die Rebellen einige der dort festgehaltenen Gefangenen befreien wollten. Es gelang ihnen aber nicht, die Mauern zu überwinden.

Auf Hassani als Parlamentspräsidenten hatten sich die 16 sunnitischen Abgeordneten und die mehrheitliche Schiitenallianz kurz vor der Parlamentssitzung geeinigt. In der vergangenen Woche war eine Sitzung kurz nach Beginn vertagt worden, weil die sunnitischen Abgeordneten dem von der schiitischen Allianz vorgeschlagenen Sunniten Fawaz al Jarba vom mächtigen Shammar-Stamm nicht zustimmen wollten. Die sunnitischen Abgeordneten hatten später Mishan al Juburi aus Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit vorgeschlagen, den wiederum die Allianz unter Abdel Aziz al Hakim wegen angeblicher zu enger Verbindungen zum gestützten Regime ablehnte.

Juburi erklärte vor Beginn der Sitzung, die schiitische Allianz haben ihren Kandidaten zurückgezogen und damit habe er auf seine eigene Kandidatur verzichtet. Damit war der Weg für den Kompromisskandidaten Hassani frei. Schiiten und Kurden, die Wahlsieger der Parlamentswahlen, hatten sich darauf geeinigt, den Posten an einen Sunniten zu vergeben, um die Minderheit politisch einzubinden. Die Sunniten hatten die Wahlen boykottiert und sind nicht repräsentativ vertreten.

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